Die Europäische Kommission hat ein neues Handelsabkommen mit der Ukraine in Prinzip vereinbart, das den temporären Rahmen nach dem Krieg durch eine langfristige, jedoch bescheidenere Regelung ersetzt. Dieses Abkommen wurde nach intensiven Gesprächen zwischen der EU und der Ukraine am Montag angekündigt. Es markiert einen Schritt in Richtung einer stabilen Handelsbeziehung, ohne die Bedenken europäischer Landwirtschaftssektoren außer Acht zu lassen.
„Ukraines Platz ist in der Familie. Wir bleiben dem Weg des gegenseitigen Wachstums und der Stabilität verpflichtet, der zu seiner vollständigen Integration in unsere Union führt“, erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in einer Mitteilung nach der Bekanntgabe des Abkommens. Dieses Engagement zeigt, dass die EU trotz der schwierigen Umstände weiterhin an der Unterstützung der Ukraine festhält.
Seit 2022 wird der Handel zwischen der EU und der Ukraine durch die Autonomen Handelsmaßnahmen (ATMs) geregelt, einem temporären Rahmen, der nach der umfassenden Invasion Russlands eingeführt wurde. Die ATMs haben alle Zölle und Kontingente auf ukrainische Agrarexporte in die EU aufgehoben und somit einen entscheidenden Zugang zu den europäischen Märkten während des Krieges ermöglicht, insbesondere für Waren wie Getreide, Mais, Eier und Geflügel.

Hintergründe und Kontext
Die ATMs wurden als „außergewöhnliche Instrumente“ beschrieben, die seit 2022 ein hohes Maß an einseitiger Liberalisierung bieten, so der Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen. Doch die Regelung war nicht ohne Kontroversen. In mehreren EU-Ländern, darunter Frankreich und Polen, kam es zu Protesten von Landwirten, die auf die Zunahme ukrainischer Importe und die Auswirkungen auf ihre eigenen Märkte aufmerksam machten.
Das neue Abkommen ist weniger ehrgeizig als das vorherige, das Anfang dieses Monats auslief. Dennoch zielt es darauf ab, „das richtige Gleichgewicht“ zwischen der Unterstützung des Handels der Ukraine mit der EU und den Sensibilitäten verschiedener EU-Landwirtschaftssektoren zu finden. Hansen betonte die Notwendigkeit, die Bedenken der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, während gleichzeitig der Handel mit der Ukraine gefördert wird.
EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič bezeichnete das Abkommen als „ausgewogen, fair und realistisch“. Dieser Kommentar spiegelt die Bemühungen wider, eine neue Ära in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Ukraine einzuleiten, während die geopolitischen Spannungen in der Region anhalten.

Investigative Enthüllungen
Obwohl der vollständige Text des Abkommens noch nicht veröffentlicht wurde, sind einige erste Details bekannt geworden. Ukraine hat sich verpflichtet, ihre Agrarproduktionsstandards schrittweise an die der EU anzupassen, einschließlich Tierschutz und Pestizidanwendung, bis 2028. Dies geschieht im Einklang mit den Bestrebungen der Ukraine, der EU beizutreten.
Die Einführung robuster Schutzmechanismen soll die Märkte der EU schützen, insbesondere in Fällen, in denen Importe erhebliche Störungen verursachen könnten. Für empfindliche Produkte wie Eier, Zucker und Weizen werden die Kontingente erhöht, jedoch unterhalb der historischen Handelsvolumina gehalten, um die Marktstabilität zu gewährleisten. Weniger sensible Artikel werden moderate Kontingenterhöhungen erfahren.
Die Empfindlichkeit jedes Produkts wurde anhand früherer Marktentwicklungen und der Fähigkeit der EU, zusätzliche Importe aufzunehmen, bestimmt. Im Vergleich zum DCFTA von 2016 stellen die neuen Kontingente eine Verbesserung dar, bleiben jedoch restriktiver als die vollständige Liberalisierung, die unter den ATMs gewährt wurde.
Einige Produkte, wie Milchpulver und fermentierte Milch, sowie Pilze und Traubensaft, werden vollständig liberalisiert. Gleichzeitig hat die Ukraine zugestimmt, die Kontingente für Schweinefleisch, Geflügel und Zucker aus der EU erheblich zu erhöhen und Zölle auf andere Produkte zu senken oder ganz zu streichen. Die Kommission glaubt, dass dies die Exportmöglichkeiten für EU-Bauern, insbesondere in den an die Ukraine angrenzenden Mitgliedstaaten, verbessern wird.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf das neue Abkommen sind gemischt. Auf der einen Seite sehen viele in der EU das Abkommen als notwendigen Schritt, um die wirtschaftliche Stabilität der Ukraine während des Krieges zu unterstützen. Auf der anderen Seite gibt es jedoch Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die lokalen Märkte der EU. Landwirte in Ländern wie Polen und Frankreich befürchten, dass die Zunahme ukrainischer Exporte ihre eigenen Produktionsmöglichkeiten beeinträchtigen wird.
Die Bedenken sind nicht unbegründet. Im Jahr 2022 war der Handel zwischen der EU und der Ukraine bereits gestiegen, was zu einem Anstieg der ukrainischen Importe auf dem europäischen Markt führte. Diese Situation hat in verschiedenen Mitgliedstaaten zu Spannungen geführt, die durch die neuen Regelungen nicht vollständig entschärft werden können. Die Kommission hat versprochen, dass Schutzmaßnahmen eingeführt werden, um die EU-Märkte zu sichern. Doch ob diese Maßnahmen ausreichen, bleibt abzuwarten.
Die politischen Reaktionen auf das Abkommen sind ebenfalls entscheidend. Mitgliedstaaten müssen das Abkommen ratifizieren, und es bleibt abzuwarten, wie die nationalen Regierungen auf die neuen Bestimmungen reagieren. Einige Länder könnten versuchen, zusätzliche Bedingungen zu stellen oder gegen die Liberalisierung ihrer Märkte zu protestieren.
Zukünftige Entwicklungen
Die nächsten Schritte umfassen die technische Ausarbeitung des Abkommens. Die Kommission wird in den kommenden Tagen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament das Abkommen vorstellen. Darüber hinaus wird die Kommission einen Ratsschluss beantragen, um das Abkommen formal zu billigen, und die endgültige Annahme wird über den EU-Ukraine-Assoziationsausschuss erfolgen.
Šefčovič äußerte sich zuversichtlich, dass die Mitgliedstaaten das Abkommen unterstützen werden. „Sobald wir das Ergebnis dieser Verhandlungen präsentieren, bin ich überzeugt, dass wir breite Unterstützung finden werden“, sagte er. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um zu sehen, ob dieses Abkommen tatsächlich zu einer stabileren und fairen Handelsbeziehung zwischen der EU und der Ukraine führen kann.
Insgesamt zeigt dieses neue Handelsabkommen, dass die EU weiterhin eng mit der Ukraine zusammenarbeitet, auch wenn dies unter komplizierten Bedingungen geschieht. Die Herausforderung wird sein, einen Weg zu finden, der sowohl die Unterstützung für die Ukraine sichert als auch die eigenen Interessen der EU-Länder respektiert.