In einer überraschenden Wendung hat die britische Regierung einen Rückzieher bei ihren umstrittenen Reformen der Sozialleistungen angekündigt. Mehrere Quellen berichten, dass Ministerpräsident Rishi Sunak im Rahmen eines Deals mit Labour-Rebellen zugesagt hat, dass bestehende Anspruchsberechtigte des Personal Independence Payment (PIP) sowie Empfänger des Gesundheitsanteils des Universal Credit ihre bisherigen Zahlungen behalten werden. Geplante Kürzungen sollen nur zukünftige Antragsteller betreffen.
Die Regierung plant außerdem, ein ursprünglich für 2029 geplantes Unterstützungspaket in Höhe von 1 Milliarde Pfund schneller umzusetzen. Diese Zugeständnisse markieren eine erhebliche Kehrtwende, da die Regierung vor dem Risiko einer Niederlage stand, wenn sie die Forderungen von über 100 ihrer eigenen Abgeordneten nicht berücksichtigen würde.
Im Vorfeld der Bekanntgabe hatte Labour-Chef Sir Keir Starmer am Donnerstag Gespräche geführt, um die Unterstützung unter den 120 Labour-Abgeordneten zu festigen, die eine Änderung zur Verhinderung des Hauptgesetzes zur Sozialhilfe der Regierung unterstützten. Sir Keir erklärte, er wolle „Reformen umsetzen, die mit den Werten der Labour-Partei und mit Gerechtigkeit einhergehen“.

Hintergründe und Kontext
Die Reformen des Personal Independence Payment und des Universal Credit hatten in den letzten Monaten für viel Aufregung gesorgt. Die Regierung hatte angekündigt, mit diesen Maßnahmen jährlich 5 Milliarden Pfund bis 2030 einsparen zu wollen. Diese Einsparungen waren Teil von Chancellor Rachel Reeves’ Plänen, die in ihrer Frühjahrserklärung im März skizziert wurden, um den nationalen Haushalt zu stabilisieren.
Nach Angaben des Institute for Fiscal Studies ist die Ausgaben für arbeitsfähige, gesundheitsbezogene Leistungen von 36 Milliarden Pfund auf 52 Milliarden Pfund in den Jahren zwischen 2019 und 2024 gestiegen. Diese Zahl könnte sich bis 2029 auf 66 Milliarden Pfund verdoppeln, wenn keine Änderungen am System vorgenommen werden.
Die Pläne beinhalteten unter anderem eine neue Anforderung für PIP-Antragsteller, einen höheren Unterstützungsbedarf bei alltäglichen Aufgaben wie der Zubereitung von Speisen oder der Körperpflege nachzuweisen. Kritiker der Regierung, darunter auch zahlreiche Labour-Abgeordnete, äußern Bedenken über diese Vorschläge und warnen vor den möglichen negativen Auswirkungen auf vulnerable Gruppen.

Investigative Enthüllungen
Während die Regierung versucht, ihre Reformen durchzusetzen, haben sich Berichte über die tatsächlichen Auswirkungen dieser Änderungen auf die Betroffenen gehäuft. Insbesondere die geplanten Kürzungen der Sozialleistungen könnten weitreichende Folgen für Menschen mit Behinderungen und andere benachteiligte Gruppen haben. Disability Rights UK hat auf die Problematik hingewiesen, dass viele Antragsteller bereits jetzt Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Ein Labour-Abgeordneter, Peter Lamb, äußerte sich auf sozialen Medien zu den Zugeständnissen der Regierung und bezeichnete sie als „unzureichend“. Lamb erklärte, die Regierung ignoriere bessere Optionen für die Reform der Sozialleistungen, die im Interesse der Anspruchsberechtigten liegen würden.
Die politische Landschaft ist angespannt: Die Regierung hat bereits mehrere Umkehrungen ihrer ursprünglichen Entscheidungen vollzogen. Dies ist bereits der dritte Rückzieher innerhalb eines Monats, was das Vertrauen in die Regierung untergräbt. Zuvor hatte die Regierung Kürzungen bei den Winterhilfepaketen zurückgenommen und eine Untersuchung zu Missbrauchsfällen in sozialen Diensten initiiert, die sie zunächst abgelehnt hatte.
Die Reaktionen aus den Reihen der Opposition sind eindeutig; Mel Stride, der Schattenkanzler, kritisierte die Zugeständnisse als „eine vollständig ungedeckte Ausgabenverpflichtung“ und bezeichnete die Situation als weiteren Beweis für das Versagen der Regierung.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Auswirkungen dieser Reformen auf die gesellschaftlichen Schichten sind weitreichend. Laut Berichten von The Guardian sind viele Empfänger von Sozialleistungen von den Änderungen betroffen, da sie oft auf diese Hilfe angewiesen sind, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Ein Beispiel ist Natalie Amber, eine Aktivistin und Schauspielerin, die PIP bezieht und dennoch Gefahr läuft, ihre Unterstützung im kommenden Jahr zu verlieren. Sie bezeichnete die Veränderungen als „unehrlich“ und betonte, dass die Regierung in erster Linie darauf abzielt, ihr eigenes Ansehen zu retten.
Ein weiterer Abgeordneter, Alex Sobel, der für Leeds Central und Headingley steht, äußerte Bedenken, dass die neuen Regelungen zu einer „zwei-Klassen-Gesellschaft“ führen könnten, wobei einige Anspruchsberechtigte benachteiligt werden würden, während andere weiterhin Unterstützung erhalten würden.
Die Diskussion über die Reformen ist noch lange nicht beendet. Am Dienstag steht die zweite Lesung des Gesetzes auf der Agenda des Parlaments. Dies wird die erste Gelegenheit für Abgeordnete sein, das Gesetz zu unterstützen oder abzulehnen. Sollte das Gesetz diese erste Hürde überwinden, wird es in der darauffolgenden Woche einigen Stunden Prüfung durch alle Abgeordneten unterzogen, anstatt in einem ausschussartigen Verfahren über mehrere Tage hinweg analysiert zu werden.
Zukünftige Entwicklungen
Die nächsten Schritte in diesem politischen Drama stehen an; die Unterstützung von Labour-Rebellen ist entscheidend für den Erfolg der Reformen. Sollte die Regierung nicht in der Lage sein, ausreichend Stimmen zu mobilisieren, könnte dies zu einem weiteren politischen Debakel führen. Dies könnte nicht nur das Ansehen von Ministerpräsident Sunak schädigen, sondern auch die Glaubwürdigkeit der gesamten Regierung in Frage stellen.
Zusätzlich wird erwartet, dass die Opposition weiterhin Druck auf die Regierung ausüben wird, um sicherzustellen, dass zukünftige Reformen fair und gerecht sind. Experten warnen, dass die Reformen der Sozialleistungen im Kontext der breiteren wirtschaftlichen Herausforderungen und der steigenden Lebenshaltungskosten betrachtet werden müssen. Wirtschaftsexperten betonen, dass die Politik der Regierung in den nächsten Monaten entscheidend für den sozialen Frieden und die Stabilität des Landes sein wird.
In dieser angespannten politischen Atmosphäre bleibt abzuwarten, wie die verschiedenen Akteure auf die Entwicklungen reagieren werden. Während die Regierung versucht, ihre Pläne durchzusetzen, sind die Stimmen der Kritiker lauter denn je, und die Diskussion über soziale Gerechtigkeit wird in den kommenden Wochen und Monaten sicherlich weiter intensiviert werden.