Die monatliche Inflationsrate in Argentinien ist im Mai 2025 auf 1,5 Prozent gesunken, was den niedrigsten Stand seit fast fünf Jahren markiert. Laut dem nationalen Statistikbüro INDEC stiegen die Verbraucherpreise im Mai nur um 1,5 Prozent und verringerten sich damit im Vergleich zu den 2,8 Prozent im April und 3,7 Prozent im März erheblich. Dies stellt nicht nur einen historischen Rückgang dar, sondern auch eine bedeutende Wende für die argentinische Wirtschaft, die in den letzten Jahren unter einer extrem hohen Inflation gelitten hat.
Diese positive Entwicklung wird als großer Erfolg für den neuen Präsidenten Javier Milei angesehen, der im Dezember 2023 ins Amt kam und als „anarcho-kapitalistischer“ Staatschef gilt. Mit einer Kettensäge als Symbol für seine Pläne zur Wiederherstellung der fiskalischen Disziplin und zur Bekämpfung der galoppierenden Preise hat Milei ein umfangreiches Sparprogramm eingeführt, das sich auf eine drastische Reduzierung der Staatsausgaben konzentriert.

Hintergründe und Kontext
Laut INDEC betrug die Inflation im bisher laufenden Jahr 13,3 Prozent, während die Preise im letzten Jahr um 43,5 Prozent angestiegen sind. Dies liegt erheblich unter den beeindruckenden 211 Prozent, die Ende 2023 erreicht wurden, als Milei sein Amt antrat. Der Rückgang der Inflationsrate ist nicht nur eine Momentaufnahme, sondern ein Indikator für die Wirksamkeit der von Mileis Regierung umgesetzten Maßnahmen, die von internationalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) begrüßt wurden.
Die bedeutendsten Preiserhöhungen im Mai wurden in den Bereichen Restaurant und Hotel (plus 3 Prozent), Kommunikation (plus 4,1 Prozent, hauptsächlich aufgrund von Telefon- und Internetdiensten) sowie Wohnen, Wasser und Elektrizität (plus 3,1 Prozent) verzeichnet. Im Gegensatz dazu wiesen die Kategorien Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke (plus 0,5 Prozent) sowie Transport (plus 0,4 Prozent) die geringsten Steigerungen auf.
Eine detaillierte Analyse der Kerninflation zeigt, dass diese im Mai bei 2,2 Prozent lag, während saisonale Preise um 2,7 Prozent gefallen sind. Regulierungsgebühren hingegen stiegen um 1,3 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass die Regierung zwar Erfolge bei der Eindämmung der Inflation erzielt hat, dennoch jedoch die Preisgestaltung in regulierten Sektoren nach wie vor eine Herausforderung bleibt.

Investigative Enthüllungen
Die positiven Inflationszahlen sind das Ergebnis eines rigorosen Austeritätsprogramms, das unter anderem die Entlassung von Zehntausenden von Beschäftigten im öffentlichen Sektor sowie die Halbierung der Anzahl der Ministerien beinhaltete. Während die Regierung von Milei in der Öffentlichkeit die Erfolge feiert, sind die sozialen Kosten und die Auswirkungen auf die Kaufkraft der Bevölkerung nicht zu übersehen. Im vergangenen Jahr verzeichnete Argentinien sein erstes Haushaltsüberschuss seit einem Jahrzehnt, doch dies ging auf Kosten der Kaufkraft, der Arbeitsplätze und der Konsumausgaben.
Der IWF hatte Argentinien im April 2025 einen ersten Kredit in Höhe von 12 Milliarden US-Dollar aus einem neuen 20-Milliarden-US-Dollar-Darlehen zugesprochen, um ein umfassendes wirtschaftliches Programm zu unterstützen. Bei der Ankündigung des Kredits lobte der IWF die "beeindruckenden Fortschritte der Behörden bei der Stabilisierung der Wirtschaft", die durch ein starkes fiskalisches Fundament unterstützt werden, das eine rasche Desinflation und eine Erholung der sozialen Indikatoren ermöglicht. Doch während die Regierung auf Erfolge verweist, bleibt die Frage, ob diese Maßnahmen tatsächlich nachhaltig sind.
Der Spokesperson der Präsidentschaft, Manuel Adorni, verkündete optimistisch via WhatsApp, dass das Team von Milei einen "historischen 15-Punkte-Anpassungsprozess" des Bruttoinlandsprodukts abgeschlossen habe, der die Geldschöpfung beendet und die Wechselkontrollen aufgehoben hat, die seit 2019 in Kraft waren. Dies wird als ein entscheidender Schritt angesehen, um die Wirtschaft zu liberalisieren und das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen.

Auswirkungen und Reaktionen
Trotz der positiven Inflationszahlen bleibt die Wut der Argentinier über ihren Verlust an Kaufkraft bestehen, da die Löhne in den letzten Monaten stagnieren und die Lebenshaltungskosten in die Höhe schießen. Ein Beispiel hierfür ist Cristián Rodríguez, ein 45-jähriger Logistikmitarbeiter, der die steigenden Lebenshaltungskosten anprangert: "Die Preise steigen, nicht sinken. Alles Essbare wird teurer," sagte er in einem Interview. Diese Stimmen der Unzufriedenheit verdeutlichen die Diskrepanz zwischen den offiziellen Zahlen und der Realität im Alltag der Menschen.
Die argentinische Gesellschaft steht vor der Herausforderung, die Auswirkungen der wirtschaftlichen Reformen auf das tägliche Leben zu bewältigen. Die Maßnahmen zur Preisstabilisierung könnten zwar kurzfristige Erfolge zeigen, aber die langfristigen sozialen Konsequenzen sind ungewiss. Die steigenden Lebenshaltungskosten haben bereits zu einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit geführt und die ohnehin schon angespannten Verhältnisse zwischen verschiedenen sozialen Schichten weiter verschärft.
Die Regierung Milei sieht sich zudem der Herausforderung gegenüber, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, während sie gleichzeitig im internationalen Rampenlicht steht. Die von ihr gefeierten Erfolge in der Inflationsbekämpfung stehen in direktem Widerspruch zu den realen Herausforderungen, mit denen viele Argentinier konfrontiert sind, die in einer Zeit der Unsicherheit und wirtschaftlichen Volatilität leben.
Zukünftige Entwicklungen
Die positive Entwicklung der Inflationsrate wird von Experten als ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur wirtschaftlichen Stabilität angesehen. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Wie nachhaltig sind diese Maßnahmen? Können die sozialen und wirtschaftlichen Kosten, die mit den Austeritätsmaßnahmen einhergehen, langfristig ausgeglichen werden? Die in den Umfragen geäußerten Erwartungen zeigen, dass der Markt eine jährliche Inflation von 28,6 Prozent im Jahr 2025 prognostiziert, was darauf hindeutet, dass die Herausforderungen noch lange nicht überwunden sind.
Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung von Milei auf die anhaltenden sozialen Spannungen reagieren wird und ob sie in der Lage ist, ein Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Reformen und den Bedürfnissen der Bevölkerung zu finden. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beurteilen, ob Argentiniens Wirtschaft auf einem stabilen Weg ist oder ob die gesellschaftlichen Herausforderungen die Fortschritte der Regierung untergraben werden.
In einer Zeit voller Unsicherheiten ist es für die Argentinier unerlässlich, wachsam zu bleiben und sich den Herausforderungen zu stellen, um die zukünftigen Entwicklungen aktiv zu gestalten. Die Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilität und ein besseres Leben bleibt stark, doch die Realität zeigt, dass der Weg dorthin steinig und voller Hürden ist.