In einem besorgniserregenden Schritt hat Armenien einen weiteren hochrangigen Geistlichen festgenommen, der beschuldigt wird, an einem Putschplan gegen die Regierung von Premierminister Nikol Pashinyan beteiligt zu sein. Die Festnahme von Mikael Ajapahyan, dem Erzbischof von Gyumri und Shirak, markiert eine alarmierende Eskalation in der laufenden Verfolgung von Kritikern der Regierung. Diese Entwicklung steht im Kontext weitreichender Proteste und politischer Spannungen im Land.
Die Festnahme fand am Freitag, dem 27. Juni 2025, statt, als Beamte des armenischen Nationalen Sicherheitsdienstes versuchten, Ajapahyan am Sitz der armenischen Apostolischen Kirche in Echmiadzin zu verhaften. Bei der Festnahme kam es zu Auseinandersetzungen mit den Gemeindemitgliedern, die versuchten, den Erzbischof zu schützen. Videos, die in sozialen Medien verbreitet wurden, zeigen, wie Geistliche und Polizei miteinander rangen, während die Glocken einer nahegelegenen Kathedrale läuteten.
Die Anklagen gegen Ajapahyan beinhalten die öffentliche Aufforderung zu einem bewaffneten Umsturz der Regierung. Sein Anwalt, Ara Zohrabyan, bezeichnete die Entscheidung des Gerichts, Ajapahyan für zwei Monate in Untersuchungshaft zu nehmen, als “offensichtlich illegal und unbegründet” und kündigte an, Berufung einzulegen. Ajapahyan selbst äußerte sich resolut und erklärte: “Ich habe niemals verborgen, und ich werde jetzt nicht verstecken. Was jetzt passiert, ist Gesetzlosigkeit.”

Hintergründe und Kontext
Die politische Landschaft Armeniens hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Premierminister Nikol Pashinyan kam 2018 an die Macht, nachdem er eine revolutionäre Bewegung angeführt hatte, die das autoritäre Regime ablöste. Allerdings ist die Unterstützung für Pashinyans Regierung in den letzten Monaten gesunken, insbesondere nach dem umstrittenen Frieden mit Aserbaidschan im Zuge des Konflikts um Berg-Karabach. Die Vereinbarung, mehrere umstrittene Grenzgebiete an Aserbaidschan abzutreten, führte zu massiven Protesten, bei denen Zehntausende die Absetzung von Pashinyan forderten.
Die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan bestehen seit den frühen 1990er Jahren, als ethnische Konflikte um die Region Karabach zu einer bewaffneten Auseinandersetzung führten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 gewannen armenische Streitkräfte die Kontrolle über Karabach und angrenzende Gebiete. Diese Streitigkeiten erreichten ihren Höhepunkt im Jahr 2020, als Aserbaidschan große Teile seines Territoriums zurückeroberte. Im September 2023 konnte Aserbaidschan den vollständigen Kontrol über Karabach wiederherstellen, was Armenien zwingen sollte, weitere Zugeständnisse zu machen.
Die gegenwärtige politische Verfolgung von religiösen Führern und politischen Aktivisten könnte als Versuch der Regierung interpretiert werden, ihre Autorität zu festigen und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Dies wird durch die Festnahme von Bagrat Galstanyan, einem weiteren hochrangigen Kirchenvertreter und Führer der oppositionellen Bewegung “Heilige Widerstand”, unterstrichen. Galstanyan wird ebenfalls beschuldigt, einen Sabotageplan gegen Pashinyans Regierung ausgeheckt zu haben.

Investigative Enthüllungen
Die Festnahmen von Ajapahyan und Galstanyan werfen Fragen über die Rechtmäßigkeit und die Beweggründe hinter den Anklagen auf. Kritiker der Regierung beschuldigen Pashinyan, die politische Opposition systematisch zu unterdrücken. Die Internationale Menschenrechtsorganisation hat wiederholt auf die wachsenden Repressionen gegen Kritiker in Armenien hingewiesen, insbesondere nach den umstrittenen territorialen Zugeständnissen an Aserbaidschan.
Die Vorwürfe gegen Ajapahyan und seine Verbündeten stützen sich zum Teil auf Aussagen, die in einem politischen Klima voller Misstrauen und Angst gemacht wurden. Ajapahyan selbst hat eine klare Verbindung zwischen den aktuellen politischen Spannungen und der repressiven Taktik der Regierung gezogen. Er bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als “Fiktion” und betonte, dass die wahre Bedrohung von der Regierung selbst ausgehe.
Die Berichte über die Auseinandersetzungen bei seiner Festnahme zeigen, dass viele Armenier bereit sind, für ihre Überzeugungen zu kämpfen. Die Unterstützung für Ajapahyan und seine Kollegen scheint in der Bevölkerung stark zu sein, was sich in den Protesten und der öffentlichen Sympathie für die verhafteten Geistlichen widerspiegelt. Solche Bewegungen können die Stabilität der Regierung weiter gefährden und zu einer Eskalation der politischen Krise führen.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Festnahme von Ajapahyan hat nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch in der breiteren Gesellschaft Wellen geschlagen. Die armenische Apostolische Kirche hat traditionell eine bedeutende Rolle im gesellschaftlichen und politischen Leben des Landes gespielt. Die Reaktionen auf die Verhaftungen spiegeln eine tiefe Besorgnis über die zukünftige Richtung Armeniens wider. Die Kirche selbst hat sich in der Vergangenheit eher zurückhaltend gegenüber politischen Angelegenheiten verhalten, doch die aktuellen Ereignisse könnten sie dazu zwingen, sich stärker zu positionieren.
Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen in Armenien mit wachsender Besorgnis. Diplomatische Vertreter und Menschenrechtsorganisationen fordern die armenische Regierung auf, die politischen Freiheiten zu respektieren und die Verhaftungen zu überprüfen. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben sich besorgt über die jüngsten Entwicklungen geäußert und fordern ein Ende der Repression gegen politische Opponenten.
Zukünftige Entwicklungen
Die jüngsten Ereignisse in Armenien deuten auf eine anhaltende politische Krise hin. Die Regierung Pashinyan sieht sich zunehmendem Druck ausgesetzt, während die Opposition, angeführt von verschiedenen Kirchenführern und Aktivisten, an Stärke gewinnt. Die Festnahme von Ajapahyan könnte der Funke für eine neue Welle von Protesten sein, die die Regierung weiter destabilisieren könnten.
Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die politische Landschaft in Armenien entwickelt. Angesichts der tiefen gesellschaftlichen Spaltung und der wachsenden Unzufriedenheit könnte die Regierung gezwungen sein, Kompromisse einzugehen, um die öffentliche Ordnung zu wahren. Gleichzeitig müssen sich die Bürger fragen, wie sie sich in dieser Zeit der Unsicherheit positionieren wollen. Die Verhaftungen und der Widerstand gegen die Regierung sind Zeichen dafür, dass die Bürger bereit sind, für ihre Rechte einzutreten, und dass die politische Zukunft Armeniens in einer entscheidenden Phase ist.