In einer folgenschweren Entscheidung hat die Regierung von British Columbia (B.C.) angekündigt, die Finanzierung für das Medikament Brineura einzustellen, das für das 9-jährige Mädchen Charleigh Pollock lebenswichtig ist. Charleigh, die an der seltenen und tödlichen genetischen Krankheit CLN2 leidet, ist auf dieses extrem teure Medikament angewiesen, um das Fortschreiten ihrer Erkrankung zu verlangsamen. Die Entscheidung, die Finanzierung zu stoppen, wirft Fragen zur Verantwortung der Regierung im Umgang mit Kindern, die an seltenen Krankheiten leiden, auf.
Die Ankündigung kam am Mittwoch und sorgte für Empörung bei Charleighs Familie und Unterstützern. Die Politikerin und Gesundheitsministerin Josie Osborne erklärte in einer Mitteilung, dass die Entscheidung auf den Empfehlungen medizinischer Experten basiere und nichts mit den hohen Kosten des Medikaments zu tun habe. Brineura, das durch eine Infusion ins Gehirn verabreicht wird, kostet die Provinz jährlich etwa 1 Million Dollar, und Charleigh ist die einzige Patientin in B.C. mit dieser Diagnose. Laut Osborne wurde entschieden, dass Charleighs Zustand so fortgeschritten ist, dass sie die Kriterien für eine Beendigung der Behandlung erfüllt.

Hintergründe und Kontext
Charleigh Pollock wurde 2019 landesweit bekannt, als die Regierung von British Columbia bekanntgab, dass sie die Kosten für Brineura übernehmen würde. Zu diesem Zeitpunkt war Charleigh erst drei Jahre alt. Die Erkrankung, bekannt als neuronale Zeroid-Lipofuszinose Typ 2 (CLN2), führt zu einem fortschreitenden Verlust motorischer Fähigkeiten und kognitiven Funktionen, häufig begleitet von täglichen Anfällen. Experten schätzen, dass die Krankheit in Nordamerika bei etwa 1 von 100.000 Lebendgeburten auftritt, was sie extrem selten macht.
Die Behandlung mit Brineura ist seit ihrer Einführung umstritten, da sie hohe Kosten verursacht, aber auch Hoffnung für betroffene Familien bietet. Die Infusion soll die Ansammlung von Lipofuszin im Gehirn reduzieren und somit die Progression der Krankheit verlangsamen. Trotz der extremen Kosten war die Behandlung für Charleigh ein Lichtblick in ihrer dunklen Realität.
Die Entscheidung der Regierung, die Finanzierung einzustellen, ist besonders schockierend, da Charleighs medizinisches Team die Fortsetzung der Behandlung als notwendig erachtet. In einem emotionalen Facebook-Post äußerte ihre Mutter Jori Fales ihre Bedenken und appellierte an die Regierung, die Entscheidung zu überdenken. "Es ist nicht Charleighs Zeit, die Behandlung zu beenden", schrieb sie. "Sie profitiert weiterhin von dem Medikament."

Investigative Enthüllungen
Die Gründe für die Entscheidung der Regierung scheinen komplexer zu sein, als sie zunächst dargestellt werden. Während Ministerin Osborne betont, dass die Entscheidung auf medizinischen Kriterien basiert, bleibt unklar, wie genau diese Kriterien definiert sind und wer die Entscheidungsträger sind. Interne Dokumente zeigen, dass die Überprüfung durch einen Ausschuss unabhängiger Experten erfolgt, dessen Empfehlungen jedoch nicht für jedes Einzelfall-Gutachten bindend sind.
Die Kriterien, die zur Ablehnung der Finanzierung führten, werfen Fragen zur Transparenz auf. Es ist nicht klar, inwiefern die Kommission die individuellen Umstände von Patienten wie Charleigh berücksichtigt hat. Ein zentrales Problem bei der Finanzierung teurer Medikamente für seltene Krankheiten ist die Verfügbarkeit von Ressourcen und die ethischen Überlegungen, die bei der Bereitstellung dieser Medikamente eine Rolle spielen.
Die B.C. Regierung hat in den letzten Jahren immer wieder betont, dass die Bereitstellung finanzieller Mittel für teure Medikamente nur auf der Grundlage evidenzbasierter Richtlinien erfolgen kann. Dies wirft die Frage auf, ob das System für die Bewertung von Medikamenten für seltene Krankheiten tatsächlich effektiv funktioniert oder ob es reformiert werden muss, um den Bedürfnissen der Patienten besser gerecht zu werden.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktion auf die Entscheidung war nicht nur von der Familie Pollock geprägt. Mehrere Organisationen, die sich für Patienten mit seltenen Krankheiten einsetzen, haben die Entscheidung der Regierung scharf kritisiert. Vertreter der Rare Disease Foundation haben öffentlich erklärt, dass sie die Entscheidung als "inhuman" empfinden und die Regierung auffordern, ihre Haltung zu überdenken. "Es ist unverständlich, wie man das Leben eines Kindes nicht als vorrangig erachtet", sagte ein Sprecher der Organisation.
Zusätzlich zu den emotionalen und ethischen Implikationen bringt die Entscheidung auch rechtliche Fragestellungen mit sich. Experten warnen, dass die Familie Pollock möglicherweise rechtliche Schritte gegen die Provinzregierung einleiten könnte, um die Fortsetzung der Behandlung zu erwirken. Diese Möglichkeit könnte die B.C. Regierung in eine schwierige Lage bringen, da ein Gerichtsverfahren zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit auf die Problematik der Finanzierung seltener Krankheiten lenken könnte.
Zukünftige Entwicklungen
Die Entscheidung, die Finanzierung von Brineura einzustellen, ist nicht nur ein Schlag für Charleigh Pollock, sondern könnte auch weitreichende Folgen für andere Patienten mit seltenen Erkrankungen haben. Sollte die Regierung diese Entscheidung nicht rückgängig machen, könnte dies den Weg für ähnliche Entscheidungen in der Zukunft ebnen, was zu einer massiven Einschränkung der Behandlungsoptionen für betroffene Kinder führen könnte.
Ein anhaltender öffentlicher Druck könnte jedoch dazu führen, dass die Regierung ihre Politik überdenkt. Es bleibt abzuwarten, ob die Familie Pollock und Unterstützer in der Lage sind, genügend Aufmerksamkeit und Unterstützung zu mobilisieren, um eine Rückkehr zu einer gerechten Behandlung zu erreichen. In der Zwischenzeit bleibt Charleigh und ihre Familie in einem liminalen Raum zwischen Hoffnung und Verzweiflung, während sie für ihr Recht kämpfen, die notwendige medizinische Versorgung zu erhalten.
Die Debatte über die Finanzierung seltener Medikamente wird voraussichtlich weiter zunehmen, da mehr Menschen auf die Herausforderungen aufmerksam werden, mit denen sich Familien in ähnlichen Situationen konfrontiert sehen. Die B.C. Regierung steht nun unter dem Druck, nicht nur ihre Entscheidungen zu rechtfertigen, sondern auch eine breitere Strategie zu entwickeln, um die Bedürfnisse von Patienten mit seltenen Erkrankungen zu berücksichtigen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Gesundheitssystem wiederherzustellen.