In einem beispiellosen Vorfall hat der tschechische Militärgeheimdienst bestätigt, dass China während des Besuchs der taiwanesischen Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim in Prag im März 2024 eine verdeckte Operation zur Sabotage des diplomatischen Events durchführte. Die Aktion, die unter dem Deckmantel diplomatischer Immunität stattfand, umfasste nicht nur eine physische Verfolgung der Vizepräsidentin, sondern auch einen gefährlichen Vorfall während ihres Transports von und zur tschechischen Hauptstadt.
Hsiao Bi-khim, die als erste Amtsinhaberin Taiwans nach ihrer Wahl im Jahr 2020 auf einer inoffiziellen Auslandsreise nach Tschechien reiste, sah sich einem beispiellosen Druck aus Peking ausgesetzt. Der chinesische Staat hat wiederholt ähnliche diplomatische Schritte Taiwans denunziert und versucht, diese international zu isolieren. Laut tschechischen Militärberichten wurde die Operation vom Militärattaché der chinesischen Botschaft in Prag geleitet.

Hintergründe und Kontext
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Tschechien und Taiwan sind von einer komplexen Geschichte geprägt. Obwohl Tschechien Taiwan offiziell nicht anerkennt, haben die beiden Länder enge inoffizielle Beziehungen aufgebaut, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Der Besuch von Hsiao sollte eine Stärkung dieser Beziehungen symbolisieren und eine Botschaft der Unterstützung an die taiwanesische Bevölkerung senden.
Der tschechische Militärgeheimdienst bestätigte, dass die Operation gegen Hsiao in mehreren Phasen durchgeführt wurde, die eine physische Überwachung und das Sammeln von Informationen über ihr Programm umfassten. Jan Pejšek, der Sprecher des Geheimdienstes, erklärte, dass die Aktivitäten darauf abzielten, „Informationen über ihren Zeitplan zu sammeln und ihre Treffen mit tschechischen Politiker:innen zu dokumentieren“. Diese Maßnahmen stellen eine klare Verletzung der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen dar, die den Schutz von Diplomaten und deren Aktivitäten garantiert.
Die Vorfälle während Hsiaos Ankunft in Prag waren alarmierend. Nachdem sie am 18. März 2024 am Václav-Havel-Flughafen gelandet war, wurde sie von einem Polizeikonvoi begleitet. Dieser wurde jedoch von einem weiteren Fahrzeug verfolgt, das sich laut Polizei „erratisch“ verhielt und rote Ampeln ignorierte, bevor der Fahrer ein chinesisches diplomatisches Visum vorzeigte. Der Vorfall wurde zunächst als Verkehrsunfall abgetan, könnte jedoch tiefere Implikationen für die Sicherheit der Vizepräsidentin gehabt haben.

Investigative Enthüllungen
Interne Dokumente, die Czech Radio zugespielt wurden, zeigen, dass die chinesische Botschaft in Prag eine zentrale Rolle bei der Planung dieser Operation spielte. Das Büro des Militärattachés wurde als Hauptakteur identifiziert, das Hsiao seit ihrer Ankunft begleitete. Diese verdeckten Aktivitäten werfen ernsthafte Fragen über die Grenzen der diplomatischen Immunität und die Aggressivität, mit der China seine Interessen im Ausland verteidigt, auf.
Die tschechische Regierung hat auf die Vorfälle jedoch nur begrenzt reagiert. Außenminister Jan Lipavský beschloss, den chinesischen Botschafter Feng Paio zu einem Gespräch zu laden. Trotz der als „unzureichend“ bezeichneten Erklärung der Botschaft und der offensichtlichen Bedrohung, die Hsiao ausgesetzt war, blieb eine substantielle diplomatische Reaktion aus. Diese Zurückhaltung könnte verdeutlichen, wie Tschechien, trotz seiner vorangegangenen Unterstützung für Taiwan, in einem minenfeldartigen diplomatischen Umfeld navigieren muss.
Der Präsident des tschechischen Senats, Miloš Vystrčil, der selbst Taiwan besucht hat, hat ebenfalls seine Besorgnis über die Reaktionen der Regierung geäußert. Er erklärte: „Ich betrachte dies als eine große Unhöflichkeit. Ich halte es für inakzeptabel. Wir sollten als souveränes und selbstbewusstes Land darauf reagieren.“ Diese Aussage verdeutlicht die wachsenden Spannungen zwischen Prag und Peking, die durch die jüngsten Entwicklungen weiter angeheizt wurden.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Details der Operation werden wahrscheinlich die diplomatischen Beziehungen zwischen Tschechien und China weiter belasten. chinesische Analysten, darunter der Sinologe Martin Hála, warnen vor den langfristigen Folgen dieser Enthüllungen. Hála betont, dass die bilateralen Beziehungen zu China, das als leninistisches Einparteiensystem agiert, einer komplexen Dynamik unterliegen. Diplomatische Normen, wie sie in anderen Ländern gelten, haben hier oft weniger Gewicht.
Die tschechische Regierung steht nun vor der Herausforderung, eine Balance zwischen der Unterstützung für Taiwan und den wirtschaftlichen Beziehungen zu China zu finden. Dieser Vorfall könnte als Katalysator für eine Neubewertung der tschechischen Außenpolitik in Bezug auf China dienen. Es ist jedoch nicht klar, ob die tschechische Führung bereit ist, diesen Kurswechsel tatsächlich zu vollziehen, da sie gleichzeitig den Interessen der heimischen Wirtschaft Rechnung tragen muss.
Zukünftige Entwicklungen
Die künftigen Beziehungen zwischen Tschechien und China werden sich wahrscheinlich verstärkt an den Reaktionen auf solche Vorfälle orientieren müssen. Die tschechische Regierung könnte gezwungen sein, ihre diplomatische Strategie zu überdenken und eine klarere Position gegenüber den aggressiven Maßnahmen Chinas einzunehmen. Dies könnte auch die Notwendigkeit beinhalten, die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu suchen, die ähnliche Herausforderungen im Umgang mit China erleben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt wird die öffentliche Wahrnehmung in Tschechien sein. Der Vorfall könnte das Bewusstsein und die Unterstützung für Taiwan unter der tschechischen Bevölkerung stärken. Auch die Rolle der Medien wird entscheidend sein, um die Debatte über Chinas Einfluss und die tschechische Souveränität zu fördern. In einer Zeit, in der globale geopolitische Spannungen zunehmen, wird Tschechien sich positionieren müssen – sowohl nach innen als auch nach außen.