„Die Ukraine hat geliefert – jetzt müssen wir es auch,“ sagt EU-Chefin und unterstützt Beitrittsgespräche trotz Ungarns Blockade
Am Donnerstag hat die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, eindringlich für die Eröffnung von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine plädiert. Inmitten unablässiger Angriffe aus Russland, so von der Leyen, führe die Ukraine Reformen durch, die sie für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union qualifizieren. Ihre Aussage kam im Rahmen eines Treffens europäischer Führer, die sich zur Diskussion der EU-Ambitionen der Ukraine versammelten. Während die meisten EU-Mitgliedstaaten die Bestrebungen Kyiws unterstützen, bleibt Ungarn das einzige Land, das die formelle Eröffnung der Beitrittsgespräche blockiert.
„Unter ständigem Beschuss führt die Ukraine Reform nach Reform durch. Das ist beeindruckend, und genau deshalb setzt sich die Kommission für die Eröffnung des ersten Verhandlungsclusters ein“, sagte von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, António Costa, in Brüssel. „Die Ukraine hat geliefert – jetzt müssen wir es auch. Der Beitrittsprozess basiert auf Verdiensten, und die Ukraine verdient es, voranzukommen.“
António Costa bestätigte die Aussagen von von der Leyen und betonte, dass die Sicherheit der Ukraine untrennbar mit der Sicherheit Europas verbunden sei. Er lobte die schnellen Reformen der Ukraine trotz des anhaltenden Krieges und forderte die EU auf, ihre Unterstützung zu intensivieren, um der Ukraine beim Fortschritt in Richtung Mitgliedschaft zu helfen. „Trotz unglaublich schwieriger Umstände führt die ukrainische Regierung Reformen in beeindruckendem Tempo durch“, fügte Costa hinzu.

Hintergründe und Kontext
Die EU hat dem Wunsch der Ukraine nach Mitgliedschaft nach dem großangelegten Einmarsch Russlands im Jahr 2022 große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Ukraine hat seitdem konkrete Schritte unternommen, um die politischen und wirtschaftlichen Kriterien für einen Beitritt zur EU zu erfüllen. Die Unterstützung für die Ukraine wurde von vielen EU-Staaten als notwendig erachtet, um nicht nur das Land selbst, sondern auch die Stabilität in Europa zu sichern. Laut Berichten aus Brüssel ist die EU bereit, der Ukraine bis 2025 eine Unterstützung in Höhe von 30,6 Milliarden Euro bereitzustellen.
Allerdings bleibt Ungarn unter der Führung von Ministerpräsident Viktor Orbán ein Hindernis. Orbán hat sich wiederholt gegen die EU-Ambitionen der Ukraine ausgesprochen und hat eine Geschichte, die Kiew für Moskaus Aggressionen verantwortlich macht, was die Vorwürfe aus dem Kreml widerspiegelt. Ungarn hat sich zwar im vergangenen Jahr bereit erklärt, Beitrittsgespräche zu eröffnen, nachdem die EU 10 Milliarden Euro an Geldern freigegeben hatte, die zuvor aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit zurückgehalten wurden, doch nun hat Orbán eine „nationale Konsultation“ über die Mitgliedschaft der Ukraine abgehalten.
Bei dieser Umfrage, an der zwei Millionen Ungarn teilnahmen, erklärte Orbán ein „Volkmandat“ und behauptete, dass 95 % der Befragten gegen die EU-Mitgliedschaft der Ukraine seien. „Das ungarische Volk hat gesprochen: 95 % haben NEIN gesagt, zur Einbeziehung der Ukraine in die EU!“, schrieb er auf der Plattform X, ehemals Twitter. Diese Zahl entspricht etwa einem Fünftel der Bevölkerung Ungarns von fast 10 Millionen.
Die Umfrage und die damit verbundenen Aussagen wurden von der ukrainischen Außenministerien als „anti-ukrainische Hysterie“ zurückgewiesen. Die ukrainische Regierung wies darauf hin, dass die Mehrheit der Ungarn in der Lage sei, diese „primitive Manipulation“ zu erkennen und dass die Umfrage nicht repräsentativ sei.

Investigative Enthüllungen
Die Blockade durch Ungarn über die Gespräche zur EU-Mitgliedschaft der Ukraine wirft wichtige Fragen zur Rolle von Orbáns Regierung in der EU auf. Viele europäische Beamte sind sich einig, dass Orbán die Vetorechte nicht aus Sorge um die ungarische Minderheit in der Ukraine nutzt, sondern um politischen Einfluss und Verhandlungsspielraum innerhalb der EU zu gewinnen. Die ungarische Regierung hat behauptet, sie mache sich Sorgen um die Behandlung dieser Minderheit, doch Quellen in Brüssel stellen die Motive in Frage und vermuten, dass es vorrangig um Orbáns innenpolitische Agenda geht.
Einige Analysten weisen darauf hin, dass Orbán mit dieser Taktik versucht, sich als Beschützer der ungarischen Rechte zu profilieren und gleichzeitig die Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten. Diese Ambivalenz hat Ungarn in der EU isoliert, da andere Mitgliedstaaten die Notwendigkeit erkennen, Russland entschieden entgegenzutreten und die Ukraine zu unterstützen. Diese Dynamik wird durch die Unterstützung zahlreicher EU-Staaten für Kiew noch verstärkt, die bereit sind, die Ukraine in ihrer Reformagenda und den Beitrittsbemühungen zu unterstützen.
Die EU hat sich bereits darauf vorbereitet, mögliche Strategien zu entwickeln, um Ungarns Blockade zu umgehen. Berichten zufolge untersucht die EU Wege, wie die Mitgliedsstaaten trotz der Einwände Ungarns den Beitrittsprozess vorantreiben können. Diese Situation könnte langfristige Konsequenzen sowohl für die EU als auch für Ungarn haben und stellt die Frage, ob die EU bereit ist, sich auf eine stärkere Integration und Zusammenarbeit einzulassen, um den Beitrittsprozess der Ukraine nicht zu gefährden.

Auswirkungen und Reaktionen
Die wiederholten Blockaden durch Ungarn haben bereits Auswirkungen auf die Stabilität der EU und auf die Beziehungen zu Kiew. Die Ukraine hat in den letzten Monaten bedeutende Fortschritte erzielt, doch die ständigen politischen Hürden aus Budapest können die ohnehin schwierige Situation weiter verkomplizieren. Dies könnte dazu führen, dass andere EU-Mitgliedstaaten über die zukünftige Zusammenarbeit mit Ungarn und dessen Rolle innerhalb der Gemeinschaft nachdenken müssen.
Die Reaktionen auf Orbáns Vorgehen sind vielfältig. Während einige Länder, die eine enge Beziehung zu Ungarn haben, dessen Position unterstützen, sind andere Mitglieder der EU zunehmend frustriert über Orbáns Taktiken. In den letzten Monaten gab es immer wieder Diskussionen darüber, ob Ungarn in die politische Isolation innerhalb der EU gedrängt werden sollte, um den Fortschritt der Ukraine nicht zu gefährden.
Die Verweigerung von Ungarn, die Gespräche zu unterstützen, ist nicht nur ein politisches Problem, sondern hat auch humanitäre Konsequenzen für die ukrainische Bevölkerung. Viele Menschen in der Ukraine hoffen auf einen baldigen EU-Beitritt, der nicht nur wirtschaftliche Erleichterungen, sondern auch eine stärkere Sicherheit bieten könnte. Die anhaltende Unsicherheit über die EU-Mitgliedschaft könnte die Moral der ukrainischen Bürger untergraben und den Reformprozess bremsen.
Zukünftige Entwicklungen
Die nächsten Schritte in Bezug auf die Beitrittsgespräche der Ukraine sind ungewiss. Die EU hat zwar signalisiert, dass sie bereit ist, die Verhandlungen zu beginnen, doch Ungarns Veto könnte diese Pläne erheblich verzögern. In den kommenden Monaten wird es entscheidend sein, wie die EU mit der Situation umgeht und ob es ihr gelingt, eine Einigung zu erzielen, die sowohl die Ukraine als auch die anderen Mitgliedstaaten zufriedenstellt.
Gespräche über mögliche Kompromisse und die Schaffung von Anreizen für Ungarn könnten notwendig sein, um den Prozess voranzubringen. Gleichzeitig könnte der Druck von anderen EU-Staaten auf Orbán steigen, um sicherzustellen, dass die Ukraine nicht aus politischen Gründen vom Beitrittsprozess ausgeschlossen wird. Die EU steht vor der Herausforderung, eine Balance zwischen den Interessen ihrer Mitgliedstaaten und dem dringenden Bedarf an Sicherheit und Stabilität in Europa zu finden.
Das Schicksal der Ukraine im Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft wird nicht nur die Zukunft Kiews bestimmen, sondern könnte auch weitreichende Auswirkungen auf die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur haben. Der Ausgang dieser Verhandlungen wird entscheidend dafür sein, wie sich die Beziehungen innerhalb der EU entwickeln und wie die gemeinsame Sicherheitspolitik in Zukunft gestaltet wird.