Das Europäische Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit ein neues Arbeitsgremium ins Leben gerufen, um die Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) durch die Europäische Union zu untersuchen. Dieses Gremium stellt einen bedeutenden Erfolg für die rechten politischen Kräfte innerhalb des Parlaments dar und spiegelt die wachsende Besorgnis wider, dass EU-Gelder für Lobbying-Zwecke missbraucht werden könnten. Die Initiative wurde hauptsächlich vom mächtigen Europäischen Volkspartei (EVP) vorangetrieben und erhielt Unterstützung von der rechtspopulistischen Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) sowie der extrem rechten Patrioten für Europa (PfE).
Diese Entwicklung ist Teil eines breiteren Trends, bei dem rechte Parteien in Europa versuchen, NGOs stärker zu kontrollieren und zu regulieren. Vertreter der linksgerichteten Parteien, einschließlich der Sozialisten und Demokraten (S&D), der Liberalen (Renew Europe), der Grünen und der Linken, haben gegen die Schaffung des Gremiums gestimmt und befürchten eine politische Instrumentalisierung der NGOs durch die Rechte.

Hintergründe und Kontext
Die Schaffung des neuen Arbeitsgremiums im Europäischen Parlament ist nicht das erste Mal, dass die Rechte in Europa versucht, den Einfluss von NGOs zu beschränken. In den letzten Jahren haben zahlreiche rechte Parteien Bedenken geäußert, dass NGOs EU-Fördermittel verwenden, um Lobbyarbeit für strenge Vorschriften in Bereichen wie Umweltschutz und Gesundheit zu betreiben. Diese Bedenken wurden in der vergangenen Legislaturperiode zunehmend von der EVP und ihren rechten Partnern aufgegriffen.
Im Zentrum der Kritik steht der Vorwurf, dass NGOs als „Stimmen“ für die EU-Kommission fungieren und somit die demokratische Entscheidungsfindung untergraben würden. Tomáš Zdechovský, ein führender Abgeordneter der EVP im Haushaltskontrollausschuss, äußerte sich nach der Abstimmung und betonte, dass die EU-Politik transparenter werden müsse, insbesondere was die Vergabe von Fördergeldern an NGOs angehe.
Die Schaffung eines Arbeitsgremiums ist ein weniger aggressiver Ansatz als die zunächst von der ECR geforderte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der weitaus umfassendere Befugnisse zur Untersuchung möglicher Verstöße gegen EU-Recht gehabt hätte. Ein Untersuchungsausschuss ist eine separate Instanz innerhalb des Parlaments und wird nur in schwerwiegenden Fällen eingerichtet, wie etwa im Fall der Panama Papers oder des Pegasus-Spionageskandals.
Die EVP hat in den vergangenen Monaten zunehmend deutlich gemacht, dass sie bereit ist, mit rechten Parteien zusammenzuarbeiten, um eine informelle Koalition zu bilden, die oft als „Venezuela-Mehrheit“ bezeichnet wird. Diese Bezeichnung impliziert eine Zusammenarbeit zwischen der EVP und extrem rechten Kräften, die in der Vergangenheit als radikal und populistisch kritisiert wurden. Die Entscheidung, ein Arbeitsgremium zu schaffen, wird von vielen als Teil dieser strategischen Neuausrichtung gesehen.

Investigative Enthüllungen
Die Vorwürfe gegen NGOs und die Art ihrer Finanzierung sind in den letzten Monaten immer lauter geworden. Insbesondere haben Abgeordnete der EVP behauptet, die Kommission habe NGOs finanziert, um Lobbyarbeit im Interesse der EU zu leisten. Diese Behauptungen sind jedoch umstritten. Kritiker argumentieren, dass es sich um unbegründete Anschuldigungen handelt, die darauf abzielen, den Einfluss von Organisationen zu schwächen, die sich für Transparenz, Menschenrechte und Umweltschutz einsetzen.
Die Schaffung des Arbeitsgremiums wird von vielen als politischer Angriff auf die Zivilgesellschaft angesehen. Iratxe García, die Vorsitzende der S&D-Gruppe im Parlament, kritisierte die Entscheidung scharf und bezeichnete sie als „unbegründeten Angriff“ auf NGOs. Ihr zufolge sind die Bemühungen der EVP und ihrer Partner ein Versuch, eine „Hexenjagd“ auf nichtstaatliche Organisationen zu führen, die oft unbequeme Wahrheiten aussprechen und kritisch gegenüber der EU-Politik sind.
Die Zivilgesellschaft reagierte ebenfalls verärgert auf die Entscheidung. Nick Aiossa, Direktor von Transparency International EU, äußerte die Hoffnung, dass progressive Kräfte im Parlament die Schaffung des Gremiums als weiteren institutionellen Mechanismus erkennen, um NGOs anzugreifen. Er rief dazu auf, dieses „illegitime Gremium“ zu boykottieren, um den Einfluss der rechten politischen Kräfte einzuschränken.
Die far-right PfE-Gruppe hingegen bedauert, dass die EVP und die linken Gruppen sich weigerten, einen umfassenden Untersuchungsausschuss zu unterstützen. Sie betonten, dass die Schaffung des Arbeitsgremiums ein erster Schritt sei, um mehr Kontrolle über NGO-Finanzierungen zu erlangen. Diese unterschiedliche Sichtweise spiegelt die tiefen politischen Gräben innerhalb des Parlaments wider.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Schaffung des Arbeitsgremiums hat nicht nur politische Auswirkungen, sondern könnte auch tiefgreifende Konsequenzen für die Zivilgesellschaft in Europa haben. NGOs, die auf EU-Fördermittel angewiesen sind, könnten vermehrt unter Druck geraten, ihre Arbeit zu rechtfertigen und sich für ihre finanziellen Mittel zu erklären. Dies könnte zu einer weiteren Aushöhlung der Unabhängigkeit von NGOs führen und deren Fähigkeit einschränken, kritische Themen anzusprechen.
Die Reaktionen auf die Entscheidung sind geteilt. Während rechte Parteien die Schaffung des Gremiums als Erfolg feiern, warnen linke und zivilgesellschaftliche Akteure vor den möglichen Konsequenzen. Die Angst, dass NGOs gezielt ins Visier genommen werden, ist präsent. Dies könnte dazu führen, dass weniger Organisationen bereit sind, sich für gesellschaftlich relevante Themen einzusetzen, aus Angst vor politischen Konsequenzen und öffentlicher Kontrolle.
Im Kontext der wachsenden populistischen Bewegungen in Europa stellt sich die Frage, ob die Rechte tatsächlich an einem Dialog mit der Zivilgesellschaft interessiert ist oder ob sie lediglich ihre eigenen politischen Agenden durchsetzen will. Diese Entwicklungen sind Teil eines größeren Trends, bei dem der Einfluss von NGOs und zivilgesellschaftlichen Bewegungen weltweit unter Druck steht.
Zukünftige Entwicklungen
Der neue Arbeitskreis wird voraussichtlich bald seine Arbeit aufnehmen, und die ersten Sitzungen könnten bereits in den kommenden Wochen stattfinden. Die künftigen Diskussionen werden entscheidend dafür sein, wie NGOs in Zukunft finanziert werden und inwieweit ihre Arbeit von politischen Kräften beeinflusst werden kann. Das Europäische Parlament wird sich damit konfrontiert sehen, wie es die Balance zwischen der Förderung von Transparenz und dem Schutz der Zivilgesellschaft wahren kann.
Es bleibt abzuwarten, ob die rechte Koalition im Parlament weiterhin an Einfluss gewinnen wird und welche politischen Manöver sie in der Zukunft unternehmen wird. Die Forderungen nach mehr Kontrolle über NGOs könnten nur der Anfang sein, und viele Beobachter befürchten, dass dies zu einem Klima der Angst und des Misstrauens gegenüber zivilgesellschaftlichen Akteuren führen könnte.
In einer Zeit, in der die Rolle von NGOs in der Gesellschaft zunehmend unter Druck steht, wird die Entwicklung des neuen Arbeitsgremiums genau beobachtet werden müssen. Die Frage, ob die Schaffung dieses Gremiums tatsächlich zu mehr Transparenz oder lediglich zu einer weiteren politischen Instrumentalisierung von NGOs führen wird, bleibt offen.