Ein Datendienstleister, der von den größten Fluggesellschaften des Landes, darunter Delta, American Airlines und United, kontrolliert wird, hat die inländischen Flugdaten von US-Reisenden gesammelt und den Zugriff darauf an die Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) verkauft. Interne Dokumente, die von 404 Media erhalten wurden, zeigen, dass der Vertrag die CBP dazu verpflichtet, die Quelle der Daten nicht preiszugeben. Die erhobenen Daten umfassen die Namen der Passagiere, vollständige Flugrouten und finanzielle Details.
Die CBP, ein Teil des Department of Homeland Security (DHS), erklärt, dass diese Daten notwendig sind, um nationale und lokale Polizeikräfte bei der Verfolgung von Personen, die von Interesse sind, zu unterstützen. Dies hat jedoch alarmierende Reaktionen von Bürgerrechtsexperten hervorgerufen.
Hintergründe und Kontext
Die Dokumente offenbaren zum ersten Mal im Detail, warum das DHS derartige Informationen erworben hat. Bereits zuvor hatte die Immigration and Customs Enforcement (ICE) ihre eigene Nutzung dieser Daten offengelegt. Die aktuelle Enthüllung zeigt jedoch, dass der Datendienstleister, bekannt als Airlines Reporting Corporation (ARC), Regierungsbehörden anweist, die Quelle der Flugdaten zu verschweigen.
ARC ist im Besitz von mindestens acht großen US-Fluggesellschaften, wie andere öffentlich zugängliche Dokumente belegen. Der Verwaltungsrat des Unternehmens umfasst Vertreter von Delta, Southwest, United, American Airlines, Alaska Airlines, JetBlue sowie den europäischen Fluggesellschaften Lufthansa und Air France und Kanadas Air Canada. Mehr als 240 Fluggesellschaften sind auf ARC für Ticketabrechnungsdienste angewiesen.
ARC fungiert nicht nur als Schnittstelle zwischen Fluggesellschaften und Reisebüros, sondern ist auch in den Bereichen Betrugsprävention und Datenanalyse aktiv, um Reisetrends zu erkennen. Der Verkauf von Reiseinformationen an die Regierung ist Teil des Travel Intelligence Program (TIP) von ARC.
Investigative Enthüllungen
Ein Statement of Work in den neu erhaltenen Dokumenten beschreibt, warum die CBP auf das TIP-Produkt von ARC zugreifen muss, um nationale und lokale Strafverfolgungsbehörden bei der Identifizierung von Personen von Interesse zu unterstützen. Die Dokumente wurden durch einen Antrag nach dem Freedom of Information Act (FOIA) erhalten.
Interessanterweise zeigt das Statement of Work, dass TIP die Absicht einer Person, zu reisen, sowie Tickets, die über Reisebüros in den USA und ihren Territorien erworben wurden, aufzeigen kann. Diese Daten werden als "entscheidend" für administrative und strafrechtliche Fälle beschrieben.
Ein DHS Privacy Impact Assessment, das online verfügbar ist, gibt an, dass die TIP-Daten täglich mit den Ticketverkäufen des Vortages aktualisiert werden und über eine Milliarde Datensätze enthalten, die sich über 39 Monate vergangener und zukünftiger Reisen erstrecken. Diese Daten können nach Name, Kreditkarte oder Fluggesellschaft durchsucht werden, enthalten jedoch nur Informationen von ARC-akkreditierten Reisebüros wie Expedia und nicht von direkt bei einer Fluggesellschaft gebuchten Flügen.
Die neuen Dokumente zeigen auch, dass ARC die CBP auffordert, "den Anbieter oder seine Mitarbeiter weder einzeln noch kollektiv als Quelle der Berichte öffentlich zu identifizieren, es sei denn, der Kunde ist durch eine gültige gerichtliche Anordnung oder Vorladung dazu gezwungen und benachrichtigt ARC unverzüglich darüber."
Auswirkungen und Reaktionen
Die Enthüllung, dass große Fluggesellschaften über ein Datenmaklerunternehmen, das sie besitzen, sensible Informationen von Amerikanern in großem Umfang an die Regierung verkaufen, hat weitreichende Auswirkungen. Senator Ron Wyden bezeichnete diesen Vorgang als "dubios" und äußerte Besorgnis über die Offenlegung von Informationen, die Aufschluss darüber geben, wohin Menschen fliegen und welche Kreditkarte sie verwendet haben.
Reaktionen von Bürgerrechtsgruppen waren schnell und entschieden. Die American Civil Liberties Union (ACLU) hat bereits Besorgnis darüber geäußert, dass der Verkauf von Reisendaten ohne das Wissen der betroffenen Personen einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre darstellt und möglicherweise gegen Verfassungsrechte verstößt.
Darüber hinaus zeigt eine weitere Untersuchung, dass die CBP nicht die einzige Behörde ist, die an diesen Daten interessiert ist. Auch ICE hat Daten von ARC erworben, was die Frage aufwirft, wie weit verbreitet der Zugang zu diesen Informationen innerhalb der Regierung tatsächlich ist.
Zukünftige Entwicklungen
Es bleibt abzuwarten, wie die Luftfahrtindustrie und die betroffenen Regierungsbehörden auf den öffentlichen Druck reagieren werden. Werden die Fluggesellschaften gezwungen sein, ihre Praktiken zu überdenken und die Öffentlichkeit über die Nutzung ihrer Daten zu informieren? Zudem könnte es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, sollte nachgewiesen werden, dass die Vertragsbedingungen gegen Datenschutzgesetze verstoßen.
Für die betroffenen Passagiere stellt sich die Frage, wie sie besser über die Verwendung ihrer persönlichen Daten informiert werden können. Derzeit gibt es kaum Transparenz darüber, welche Daten gesammelt und an wen sie verkauft werden.
Abschließend muss die Regierung möglicherweise die Gesetze zum Schutz der Privatsphäre überdenken, um mit dem technologischen Fortschritt Schritt zu halten. Diese Enthüllung könnte der Katalysator für einen breiteren Diskurs über Datenschutz und die Rolle der Regierung beim Schutz der Privatsphäre ihrer Bürger sein.
