In einem aufsehenerregenden Gerichtsverfahren wurden Nicole Daedone, die Gründerin von OneTaste, und Rachel Cherwitz, die ehemalige Verkaufsleiterin des Unternehmens, von einer Bundesjury in Brooklyn wegen Zwangsarbeit verurteilt. Der Schuldspruch erfolgte nach knapp zweitägigen Beratungen vor dem Hintergrund eines fünf Wochen dauernden Prozesses. Beide Frauen stehen vor einer möglichen Haftstrafe von bis zu 20 Jahren.
Die Anklage gegen Daedone und Cherwitz wirft den beiden Unternehmerinnen vor, über Jahre hinweg ein System der Manipulation und Ausbeutung aufgebaut zu haben. Viele Opfer waren Menschen, die zuvor sexuelle Traumata erlitten hatten und sich durch die Versprechen von OneTaste angezogen fühlten. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Daedone und Cherwitz wirtschaftliche, sexuelle und psychologische Misshandlungen einsetzten, um Mitglieder zu zwingen, unangenehme oder abstoßende sexuelle Handlungen zu vollziehen, darunter auch sexuelle Kontakte mit potenziellen Investoren oder Kunden.

Hintergründe und Kontext
OneTaste wurde 2004 von Nicole Daedone in San Francisco gegründet und präsentierte sich als eine Art Selbsthilfe-Kommune, die den weiblichen Orgasmus als Schlüssel zu sexueller und psychologischer Gesundheit und zwischenmenschlicher Verbindung ansah. Die sogenannte „orgasmische Meditation“ stand im Mittelpunkt des Angebots und beinhaltete, dass Männer Frauen in Gruppensettings manuell stimulieren.
In den 2010er Jahren erlangte das Unternehmen breite mediale Aufmerksamkeit und eröffnete Niederlassungen von Los Angeles bis London. OneTaste wurde als modernes Unternehmen dargestellt, das die sexuelle Freude der Frauen in den Fokus stellte und Einnahmen durch Kurse, Coaching und Events erzielte. Doch hinter der glänzenden Fassade verbargen sich fragwürdige Praktiken, die schließlich zu juristischen Konsequenzen führten.
Daedone verkaufte ihren Anteil an OneTaste 2017 für 12 Millionen Dollar, ein Jahr bevor die Marketing- und Arbeitspraktiken des Unternehmens unter die Lupe genommen wurden. Die neuen Eigentümer distanzierten sich schnell von den Praktiken der früheren Führung.

Investigative Enthüllungen
Die Untersuchung des Falles brachte zahlreiche erschreckende Details ans Licht. Die Anklage beschrieb ein Netzwerk der Indoktrination, in dem Mitglieder unter dem Vorwand der Erleuchtung und Freiheit zur Teilnahme an fragwürdigen Handlungen überredet wurden. Aussagen ehemaliger Mitglieder bestätigten, dass sie gezwungen wurden, neue Kreditkarten zu beantragen, um weiterhin an den Kursen teilnehmen zu können, wobei die versprochenen Einkünfte oft ausblieben.
Assistant U.S. Attorney Nina Gupta erklärte in ihrem Abschlussplädoyer, die Angeklagten hätten das Unternehmen auf dem Rücken der Opfer aufgebaut, die alles gaben, einschließlich ihres Geldes, ihrer Zeit, ihrer Körper und letztlich ihrer geistigen Gesundheit. Der Schuldspruch des Geschworenengerichts entlarvte Daedone und Cherwitz als Betrüger, die sich der Verwundbarkeit ihrer Opfer bedienten, um leere Versprechen sexueller Ermächtigung und Wellness abzugeben.
Trotz der belastenden Zeugenaussagen verteidigte Daedones Anwaltsteam seine Klientin als feministische Unternehmerin, die ein einzigartiges Geschäftsmodell rund um die Sexualität und Ermächtigung von Frauen geschaffen habe. Cherwitz' Anwältin argumentierte, die Zeugen hätten alles freiwillig getan und hätten das Unternehmen verlassen können, wenn sie nicht mehr zufrieden waren.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Verurteilung von Daedone und Cherwitz hat nicht nur die Praktiken von OneTaste ins Rampenlicht gerückt, sondern auch eine breitere Diskussion über die ethischen und rechtlichen Grenzen der sogenannten Wellness-Industrie ausgelöst. Experten warnen davor, dass Unternehmen, die in Grauzonen operieren, strenger reguliert werden müssen, um Missbrauch zu verhindern.
Opfer und ehemalige Mitglieder von OneTaste haben sich inzwischen organisiert, um gegen die Praktiken zu protestieren und andere vor derartigen Organisationen zu warnen. Die juristische Auseinandersetzung hat auch eine Debatte über die Verantwortung von Führungspersonen innerhalb solcher Unternehmen entfacht.
Während die Verteidiger von Daedone und Cherwitz ankündigten, in Berufung zu gehen, bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese juristischen Entwicklungen auf ähnliche Unternehmen haben werden. Viele fordern bereits strengere gesetzliche Vorschriften und mehr Transparenz in der Wellness-Branche.
Zukünftige Entwicklungen
Die Verurteilung von Daedone und Cherwitz könnte als Präzedenzfall dienen und die rechtlichen Standards für die Wellness-Industrie neu definieren. Es wird erwartet, dass der Fall durch die Berufung in die nächsthöhere Instanz geht, was weitere gerichtliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen könnte.
Darüber hinaus wird der Ausgang des Berufungsverfahrens potenziell Einfluss auf die regulatorischen Maßnahmen haben, die auf nationaler und internationaler Ebene ergriffen werden. Die Diskussion über Ethik und Verantwortung in der Wellness-Industrie wird voraussichtlich anhalten, während Behörden und Gesetzgeber die Lücken in der Gesetzgebung schließen wollen.
Die nächste Phase in diesem Rechtsstreit könnte entscheidend dafür sein, wie die Gesellschaft mit der Verbindung von Sexualität, Macht und Kommerz umgeht. Die Öffentlichkeit bleibt gespannt auf die Entwicklungen, die nicht nur juristische, sondern auch weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen könnten.