„Ich möchte nicht, dass Teheran zu Gaza wird“: Iraner zu israelischen Luftangriffen
In den frühen Morgenstunden eines Freitag im Oktober 2023 überschritt der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eine alarmierende neue Schwelle. Israelische Luftangriffe auf Iran, die in der Hauptstadt Teheran als unerwartet und schockierend empfunden werden, haben das Leben der Menschen dort in einen Albtraum verwandelt. Die Straßen sind überfüllt mit Menschen, die versuchen, aus der Stadt zu fliehen, während an Tankstellen und Bäckereien lange Schlangen von verängstigten Bürgern stehen. „Ich möchte nicht, dass mein schönes Teheran zu Gaza wird“, sagt Donya, eine 21-jährige Musikstudentin, die aus Angst um ihre Sicherheit ihren echten Namen nicht nennen möchte.
Die Emotionen in Teheran sind gespalten. Auf der einen Seite gibt es das Gefühl der Ohnmacht, auf der anderen Seite eine tiefe Angst vor dem, was die kommenden Tage bringen könnten. „Wir haben seit Tagen nicht geschlafen“, berichtet Donya über einen verschlüsselten Messenger. „Jeder verlässt die Stadt, aber ich nicht. Mein Vater sagt, es sei ehrenvoller, in seinem eigenen Haus zu sterben, als zu fliehen.“ Diese Aussage ist symptomatisch für die innere Zerrissenheit, die viele Iraner empfinden. Inmitten des Chaos gibt es keinen klaren Ausweg.
Hintergründe und Kontext
Die israelischen Angriffe wurden als Antwort auf die vermeintliche Bedrohung durch iranische Militärs und deren Unterstützung für militant islamistische Gruppen im Nahen Osten interpretiert. Israel und der Iran sind seit Jahrzehnten in einem ideologischen und militärischen Wettlauf, der sich auf verschiedene Weise manifestiert. Die Wurzeln dieses Konflikts sind tief in der Geschichte und der geopolitischen Landschaft des Nahen Ostens verwurzelt. Laut Berichten haben die Spannungen zwischen beiden Ländern in den letzten Jahren zugenommen, wobei die Anschuldigungen über iranische Militärpräsenz in Syrien und die Unterstützung von Gruppen wie der Hisbollah immer wieder zur Eskalation führten.
Um die Dimension der aktuellen Krise besser zu verstehen, ist es wichtig, die geopolitischen Implikationen der israelischen Luftangriffe zu betrachten. Die Angriffe sind nicht nur ein militärisches Vorgehen, sondern auch ein starkes politisches Signal, das die strategischen Ziele Israels im Hinblick auf die iranische Einflussnahme im Nahen Osten verdeutlicht. Experten warnen, dass diese Art von Aggression zu einem breiteren Konflikt führen könnte, der letztlich auch die Zivilbevölkerung beider Länder stark trifft.
Die Berichte über die Toten sind erschreckend. Nach Angaben der iranischen Behörden wurden seit dem Beginn der Angriffe mehr als 220 Menschen, viele davon Frauen und Kinder, getötet. Auf der anderen Seite behaupten israelische Quellen, dass iranische Raketenangriffe auf Israel ebenfalls zahlreiche Menschenleben gefordert haben, obgleich die genauen Zahlen unklar sind. Die neuesten Berichte zeigen, dass auch die Zivilbevölkerung in Israel unter den Raketenangriffen leidet, während die militärische Auseinandersetzung immer brutaler wird.
Investigative Enthüllungen
In Teheran selbst zeigt sich ein starkes Gefühl der Verwirrung und Angst unter den Bewohnern. Viele fühlen sich von ihrer Regierung im Stich gelassen. Die iranische Regierung hat zwar versucht, die Bevölkerung dazu zu ermutigen, in Moscheen und U-Bahn-Stationen Schutz zu suchen, doch angesichts der unvorhersehbaren Natur der Angriffe und des Fehlens von Warnsystemen bleibt diese Empfehlung weitgehend wirkungslos. „Teheran ist eine große Stadt, und dennoch ist jedes Viertel auf irgendeine Weise betroffen“, sagt eine weitere junge Frau, die mit der BBC Persian sprach. „Wir prüfen jede Stunde die Nachrichten und rufen Freunde und Verwandte an, die in betroffenen Nachbarschaften leben, um sicherzustellen, dass sie noch am Leben sind.“
Die psychologischen Auswirkungen sind tiefgreifend. Der generelle Stress und die Angst vor plötzlichen Explosionen haben dazu geführt, dass viele Menschen, selbst die stärksten Unterstützer des Regimes, beginnen, an der Effizienz der staatlichen Verteidigungsmaßnahmen zu zweifeln. „Ich habe früher gegen die strengen Vorschriften des Regimes verstoßen, indem ich ohne Kopftuch auf die Straße gegangen bin“, sagt Donya. „Jetzt bin ich zu Hause geblieben, um nicht das Risiko einzugehen, draußen verletzt zu werden.“
Ein weiterer Aspekt, der die Situation weiter kompliziert, ist die politische Rhetorik, die sowohl von Israel als auch von der iranischen Regierung vorgetragen wird. Während Israel die Angriffe als notwendig für seine Sicherheit rechtfertigt, wird in Iran das Narrativ des Widerstands gegen ausländische Aggression gepusht. Diese Narrative spalten die Gesellschaft, wobei manche Iraner den Verlust von hochrangigen Militärs feiern, während andere den Verlust von unschuldigen Leben betrauern. „Es ist, als ob wir in einem Albtraum leben, aus dem es kein Entkommen gibt“, beschreibt eine Anwohnerin die aktuelle Situation. „Das Gefühl ist vergleichbar mit den ersten Stunden, nachdem die Titanic das Eisberg getroffen hat – viele versuchen zu fliehen, während andere nicht wissen, wie sie reagieren sollen.“
Auswirkungen und Reaktionen
Die Unruhen, die die israelischen Angriffe ausgelöst haben, haben eine Welle der Angst unter den Iranern verursacht. Die von Angst und Unsicherheit geprägte Stimmung hat zu einem Anstieg von psychischen Problemen geführt, insbesondere unter den jungen Menschen, die sich in einer bereits angespannten politischen und sozialen Lage befinden. „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben darüber nachgedacht, was es bedeutet zu sterben“, sagt eine junge Frau, die seit den Angriffen unter Schlaflosigkeit leidet und Beruhigungsmittel einnimmt, um sich zu entspannen.
Die internationalen Reaktionen auf die Angriffe waren gemischt. Während einige Länder die Angriffe aufs Schärfste verurteilen, gibt es andere, die sie als legitime Selbstverteidigung betrachten. Diese unterschiedlichen Sichtweisen verdeutlichen die Komplexität des Konflikts und wie wichtig es ist, die menschlichen Auswirkungen dieser geopolitischen Entscheidungen zu betrachten. Internationale Berichte zeigen, dass die meisten Menschen in der Region die Zivilbevölkerung in den Vordergrund stellen und die unverhältnismäßigen Konsequenzen der militärischen Aggression anprangern.
Die Situation hat auch zu einem Anstieg der Proteste gegen das iranische Regime geführt, das von vielen als unfähig angesehen wird, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. „Wir sehen, dass selbst die Menschen, die das Regime unterstützen, beginnen, ihre Loyalität zu hinterfragen“, berichtet ein Politikanalyst. „Die aktuelle Krise könnte ein Wendepunkt für die iranische Gesellschaft sein, da sie den Bürgern die Möglichkeit gibt, sich gegen eine Führung zu erheben, die ihren Schutz nicht gewährleisten kann.“
Zukünftige Entwicklungen
In Anbetracht der derzeitigen Situation scheint es, als ob der Konflikt zwischen Israel und dem Iran noch lange nicht beendet sein wird. Experten warnen, dass die militärischen Aktionen auf beiden Seiten zu einer weiteren Eskalation führen könnten, die die gesamte Region destabilisieren würde. „Die außenpolitische Strategie Israels könnte sich als kontraproduktiv erweisen, wenn sie zu einer weiteren Radikalisierung der iranischen Bevölkerung führt“, sagt ein außenpolitischer Analyst.
Ein wichtiges Element für die Zukunft wird die Haltung der internationalen Gemeinschaft sein. Der Druck auf beide Seiten zur Deeskalation könnte entscheidend sein, um das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen. Die iranische Regierung steht unter Druck, ihre Verteidigungsstrategie zu überdenken, während Israel möglicherweise gezwungen sein wird, seine aggressive Außenpolitik zu überdenken, um das Risiko eines umfassenden Krieges zu minimieren.
Die Stimmen der Iraner wie Donya, die sich gegen die Gewalt und für eine friedliche Lösung des Konflikts aussprechen, werden entscheidend sein, um ein Bewusstsein für die menschlichen Kosten des Krieges zu schaffen. „Wir wollen nicht, dass unser schönes Teheran zu Gaza wird“, sagt sie und beschreibt die Angst und Unsicherheit, die die Menschen derzeit empfinden. „Wir hoffen auf Frieden, auch wenn es sich manchmal wie ein ferner Traum anfühlt.“
