In einem überraschenden Schritt hat der kanadische Premierminister Mark Carney angekündigt, dass Kanada das NATO-Ziel von 2 % der Verteidigungsausgaben innerhalb des nächsten Jahres erreichen wird. Diese Ankündigung erfolgte während einer Rede an der Universität von Toronto, in der Carney die Notwendigkeit betonte, angesichts wachsender Bedrohungen durch feindliche Regierungen, terroristische Organisationen und Cyberkriminelle zu handeln.
Carney räumte ein, dass sein Land zu stark auf die Vereinigten Staaten angewiesen sei, während Washington seinen relativen Beitrag zur kollektiven Sicherheit verringere. Diese Worte kommen zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da NATO-Generalsekretär Mark Rutte auf einem bevorstehenden Gipfel eine Erhöhung des Ausgabenziels auf 3,5 % des BIP vorschlägt.

Hintergründe und Kontext
Der aktuelle Kontext der globalen Sicherheitslage ist prekär. Die Welt sieht sich Bedrohungen aus Russland und China gegenüber, und auch die Sicherheit in der Arktis steht auf dem Spiel. In seiner Rede verglich Carney die gegenwärtige Situation mit einem "Scharniermoment" am Ende des Zweiten Weltkriegs und betonte die Notwendigkeit entschlossener Maßnahmen. Bereits während des Wahlkampfes zu Beginn dieses Jahres hatte er versprochen, das 2 %-Ziel bis 2030 zu erreichen, während die vorherige Regierung unter Justin Trudeau es für 2032 plante.
Die Diskussion um die Verteidigungsausgaben ist seit Jahren ein sensibles Thema in Kanada. Trotz wiederholter Zusagen, das 2 %-Ziel zu erreichen, hat Kanada lange hinter seinen Verbündeten zurückgehinkt. Im Jahr 2024 betrugen die Verteidigungsausgaben nur 1,4 % des BIP. Diese Diskrepanz rief Kritik hervor, insbesondere von der Opposition, die die Liberalen beschuldigte, die militärische Finanzierung zu vernachlässigen.

Investigative Enthüllungen
Die Ankündigung von Carney kommt mit einer Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Verteidigungsfähigkeit Kanadas zu stärken. Die Regierung plant eine sofortige Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 9,3 Milliarden kanadische Dollar für dieses Fiskaljahr. Dieses Geld soll in neue U-Boote, Flugzeuge, Schiffe und gepanzerte Fahrzeuge investiert werden, sowie in Drohnen und Sensoren zur Überwachung der Arktis und der Seewege um Kanada.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Schaffung einer neuen Beschaffungsagentur, die auf die Kritik reagiert, dass der aktuelle Prozess zu langsam und umständlich sei. Carney versprach, dass die neue Agentur schnellere Beschaffungsentscheidungen treffen werde und sich auf den Aufbau inländischer Kapazitäten konzentrieren werde.
Ein Bericht eines parlamentarischen Ausschusses aus dem Juni 2024 hatte Bedenken hinsichtlich Verzögerungen, Kostenüberschreitungen und bürokratischen Hindernissen geäußert, die die Fähigkeit der Regierung infrage stellten, die Streitkräfte rechtzeitig und kostengünstig mit der notwendigen Ausrüstung auszustatten.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Ankündigung von Carney hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Während einige die Entscheidung begrüßen, sehen andere sie als überfällig an. Die Führung der oppositionellen Konservativen, vertreten durch Pierre Poilievre, unterstützte die Erhöhung der Verteidigungsausgaben, nutzte jedoch die Gelegenheit, um die Liberalen für Versäumnisse in der Vergangenheit zu kritisieren.
Diese Veränderungen erfolgen zu einem Zeitpunkt, an dem das Vertrauen in die NATO auf dem Prüfstand steht. Die Forderungen nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 3,5 % oder sogar 5 % des BIP sind Teil einer breiteren Diskussion über die zukünftige Rolle der Allianz. Die Äußerungen von NATO-Generalsekretär Mark Rutte und seine Forderung nach einem 400-prozentigen Anstieg in der Luft- und Raketenabwehr verdeutlichen den Ernst der Lage.
Zukünftige Entwicklungen
Die Entscheidung, das Ausgabenmuster zu ändern und die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren, könnte weitreichende Folgen haben. Kanada plant, seine Verteidigungspartnerschaften zu diversifizieren, was möglicherweise neue Allianzen auf globaler Ebene schaffen könnte. Diese Entwicklung könnte nicht nur die Verteidigungsfähigkeit stärken, sondern auch die geopolitische Position Kanadas in einem sich wandelnden globalen Machtgefüge festigen.
Die bevorstehende G7-Konferenz in Kanada, die vom 15. bis 17. Juni stattfinden wird, bietet eine Plattform, um diese Pläne mit internationalen Partnern zu diskutieren. Wie sich diese Initiativen auf die internen politischen Dynamiken und die öffentliche Meinung auswirken werden, bleibt abzuwarten. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie effektiv die geplanten Maßnahmen umgesetzt werden und ob sie die gewünschten Ergebnisse bringen.
Vor dem Hintergrund eines sich verändernden globalen Sicherheitsumfelds und wachsender Bedrohungen hat Kanada die Gelegenheit, seine Rolle als verlässlicher Partner innerhalb der NATO zu stärken und gleichzeitig seine eigene Souveränität und Sicherheitsinfrastruktur zu verbessern.