In einem dramatischen Wendepunkt in der Beziehung zwischen dem kanadischen Bergbauunternehmen Barrick Gold und der malischen Regierung hat ein malischer Gerichtshof beschlossen, das Loulo-Gounkoto-Goldminenkomplex unter vorläufige Verwaltung zu stellen. Diese Entscheidung, die am Montag von Richter Issa Aguibou Diallo getroffen wurde, erfolgt inmitten anhaltender Spannungen über angeblich nicht gezahlte Steuern. Barrick Gold, das größte Goldproduktionsunternehmen in Afrika, sieht sich nun damit konfrontiert, dass die operative Kontrolle über eine der wertvollsten Bergbauanlagen des Kontinents an eine externe Autorität übertragen wurde.
Nach dem Urteil muss innerhalb von 15 Tagen Zoumana Makadji, ein Wirtschaftsprüfer und ehemaliger malischer Gesundheitsminister, als vorläufiger Verwalter eingesetzt werden. Dies stellt einen einschneidenden Schritt dar und wirft Fragen über die zukünftige Verwaltung und Rentabilität der Mine auf, die für die malische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung ist.

Hintergründe und Kontext
Der Konflikt zwischen Barrick Gold und der malischen Regierung hat sich über Monate zugespitzt. Die malischen Behörden beschuldigen das Unternehmen, eine erhebliche Summe an Steuern nicht gezahlt zu haben und von nachteiligen Verträgen zu profitieren, die unter früheren Regierungen unterzeichnet wurden. Seit dem Militärputsch von 2020 hat die Übergangsregierung in Mali immer mehr Druck auf ausländische Bergbauunternehmen ausgeübt, um die Einnahmen zu steigern. In diesem Rahmen hat sich die Beziehung zwischen Barrick und dem Malischen Staat verschlechtert, was in einem Ausstellungsstopp für Gold und der Inhaftierung mehrerer Barrick-Mitarbeiter mündete.
Im Dezember 2022 kulminierten die Spannungen in der Ausstellung eines Haftbefehls gegen Barrick-CEO Mark Bristow, der Berichten zufolge als Teil eines umfassenderen Drucks auf das Unternehmen interpretiert wurde. Barrick Gold hatte daraufhin ein Angebot über 370 Millionen US-Dollar zur Beilegung der Streitigkeiten unterbreitet, was jedoch nicht zu einer Lösung führte.
Die malische Regierung hat ihre Position in diesem Konflikt weiter verschärft, indem sie die Goldexporte des Unternehmens gestoppt hat. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf Barrick Gold, sondern auch auf die gesamte malische Wirtschaft, die stark von der Goldproduktion abhängt.

Investigative Enthüllungen
Der Streit um die Steuern ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Barrick Gold und der malischen Regierung. Das Unternehmen hat auch eine Schlichtungsanfrage beim International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) eingereicht, um die Differenzen über den Loulo-Gounkoto-Komplex zu klären. Trotz dieser rechtlichen Schritte hat die malische Regierung ihre Maßnahmen gegen Barrick Gold verschärft, indem sie mehrere Mitarbeiter des Unternehmens inhaftierte.
In einer Stellungnahme zu den Ereignissen hat Barrick Gold die Inhaftierungen als „tief besorgniserregend und inkonsistent mit dem Vertrauen, der Transparenz und der Verantwortung“ bezeichnet, die für eine echte langfristige Partnerschaft erforderlich sind. Das Unternehmen kritisierte weiterhin, dass „keine glaubwürdige Begründung für diese Inhaftierung“ vorgelegt worden sei und beschuldigte die Regierung, die festgenommenen Mitarbeiter als Druckmittel in den anhaltenden Verhandlungen zu verwenden.
Diese Vorfälle sind Teil eines größeren Trends von Konflikten zwischen der malischen Regierung und ausländischen Bergbauunternehmen. Ein ähnlicher Fall ereignete sich im November 2022, als der CEO des australischen Unternehmens Resolute Mining sowie zwei Mitarbeiter in Bamako festgenommen wurden. Ihre Freilassung erfolgte erst nach Zahlung von 80 Millionen US-Dollar an die malische Regierung, mit weiteren 80 Millionen US-Dollar, die in Aussicht gestellt wurden.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Folgen dieser Entwicklungen sind weitreichend und betreffen nicht nur Barrick Gold, sondern auch die gesamte malische Wirtschaft. Mali ist einer der größten Goldproduzenten in Afrika, und der Bergbau spielt eine zentrale Rolle in der nationalen Wirtschaft. Die Spannungen mit Barrick Gold könnten sich negativ auf die Investitionsbereitschaft anderer ausländischer Unternehmen auswirken. Berichte zeigen, dass die Unsicherheit im Bergbausektor bereits dazu geführt hat, dass einige Unternehmen ihre Investitionen überdenken.
Die malische Regierung hat hingegen möglicherweise das Gefühl, dass sie durch die Übernahme der Kontrolle über die Mine und den Druck auf Barrick Gold ein Zeichen an andere Unternehmen senden kann. Die Übergangsregierung scheint entschlossen zu sein, in einem zunehmend wettbewerbsorientierten globalen Bergbaumarkt eine stärkere Hand zu zeigen. Diese Strategie könnte jedoch langfristig zu einem Rückgang der ausländischen Investitionen führen, was sich negativ auf die Wirtschaft des Landes auswirken könnte.
Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Situation aufmerksam. Experten warnen vor den möglichen Auswirkungen eines anhaltenden Konflikts zwischen der malischen Regierung und ausländischen Unternehmen. Solange die Unsicherheit im Bergbausektor anhält, könnte Mali Schwierigkeiten haben, die benötigten Investitionen zu sichern, um die Wirtschaft zu stabilisieren und zu wachsen.
Zukünftige Entwicklungen
Die kommenden Monate dürften entscheidend für die Zukunft von Barrick Gold und der malischen Bergbauindustrie sein. Die vorläufige Verwaltung des Loulo-Gounkoto-Komplexes wird voraussichtlich zu weiteren rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen führen. Barrick Gold hat bereits signalisiert, dass das Unternehmen bereit ist, den Dialog mit der malischen Regierung fortzusetzen, um eine konstruktive Lösung zu finden.
Die malische Regierung steht jedoch unter Druck, entschlossen zu handeln, um die öffentliche Unterstützung zu sichern und den Eindruck von Kontrolle und Autorität aufrechtzuerhalten. Dies könnte bedeuten, dass die Regierung weiterhin eine aggressive Haltung gegenüber Barrick Gold und anderen ausländischen Unternehmen einnehmen wird.
In dieser angespannten Situation bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen zwischen Barrick Gold und der malischen Regierung entwickeln werden. Die Möglichkeit einer Konfliktlösung könnte den Weg für eine Rückkehr zur Normalität im malischen Bergbausektor ebnen, aber die Herausforderungen, mit denen das Land konfrontiert ist, sind erheblich und erfordern ein sensibles und ausgewogenes Vorgehen.
Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, um die Richtung, in die sich Mali und seine Bergbauindustrie bewegen, zu bestimmen. Die Entscheidung, die Kontrolle über die Loulo-Gounkoto-Mine zu übernehmen, könnte sowohl für Mali als auch für Barrick Gold weitreichende Konsequenzen haben, und die Welt wird zuschauen, wie sich die Situation entfaltet.