Nach monatelangen Verzögerungen macht Russland Ukraine und USA für langsamen Fortschritt der Friedensgespräche verantwortlich
Nach Monaten diplomatischer Stagnation hat das Kreml am 29. Juni 2023 die Ukraine und die Vereinigten Staaten für den langsamen Fortschritt der Friedensgespräche verantwortlich gemacht. In einer Fernseherklärung äußerte Kremlin-Sprecher Dmitry Peskov, dass das Tempo der Verhandlungen von der Position Kiews, der Effektivität der US-Vermittlung und den Entwicklungen an der Front abhängt. „Viel hängt natürlich von der Position des Kiewer Regimes ab“, sagte Peskov im Interview mit Belarus 1, und fügte hinzu: „Es hängt davon ab, wie effektiv die Vermittlungsbemühungen Washingtons fortgesetzt werden.“
Russland hat wiederholt einen von den USA vorgeschlagenen Waffenstillstandsvertrag abgelehnt und seine Angriffe auf ukrainische Zivilisten ausgeweitet. Präsident Wladimir Putin erklärte zu Beginn des Monats, dass „ganz Ukraine uns gehört“. Diese Aussagen fallen in eine Zeit, in der der umfassende Krieg in sein viertes Sommer geht, ohne dass ein umfassender Waffenstillstand in Sicht ist, während bereits zwei weitgehend ergebnislose Runden von Friedensgesprächen stattfanden.

Der aktuelle Status der Friedensgespräche
In diesem Jahr haben Russland und die Ukraine zwei Runden von persönlichen Gesprächen in Istanbul abgehalten, die erste am 16. Mai und die zweite am 2. Juni, nach mehr als drei Jahren ohne direkte Verhandlungen. Diese Treffen führten zu bedeutenden Gefangenenaustauschen, jedoch nicht zu nennenswerten Fortschritten in Richtung eines Waffenstillstands.
Während des Treffens am 2. Juni präsentierten beide Seiten Vorschläge zur Beendigung des Krieges, doch Putin beschrieb sie später als „völlig gegensätzliche“ Memoranden. Die ukrainische Delegation, angeführt von Verteidigungsminister Rustem Umerov, forderte einen bedingungslosen 30-tägigen Waffenstillstand, eine Position, die von westlichen Partnern unterstützt wird. Russland hingegen bestand auf einem 2-3-tägigen begrenzten Waffenstillstand, um die Körper gefallener Soldaten zu bergen. „Russland lehnt sogar die bloße Vorstellung ab, die Tötungen zu stoppen“, sagte Umerov nach den Gesprächen. „Deshalb appellieren wir an die Welt: Druck ist nötig für echten Frieden, nicht für eine Imitation von Verhandlungen.“
Trotz dieser festgefahrenen Situation erklärte Russland, offen für eine dritte Verhandlungsrunde zu sein. „Im Allgemeinen sind wir dafür bereit“, sagte Putin gegenüber Reportern am 27. Juni und deutete an, dass Istanbul erneut als Veranstaltungsort dienen könnte. Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigte Ankaras Bereitschaft, Gastgeber zu sein, und sagte, dass Bemühungen im Gange seien, ein direktes Treffen zwischen Putin und Präsident Volodymyr Zelensky zu arrangieren – möglicherweise mit einer Teilnahme von US-Präsident Donald Trump.

Die geopolitischen Dimensionen der Gespräche
Zelensky hat sich für ein trilaterales Format ausgesprochen und diese Idee während des kürzlichen NATO-Gipfels in Brüssel angesprochen, wo er auch mit Trump über eine verstärkte militärische Unterstützung der USA und die gemeinsame Produktion von Luftverteidigungssystemen und Drohnen sprach. Bislang hat Trump jedoch die zusätzlichen Sanktionen gegen Russland, die er im Falle eines Scheiterns der Friedensbemühungen angekündigt hatte, nicht verhängt. „Wenn das Treffen in Istanbul nichts bringt, bedeutet das eindeutig, dass dringend neue starke Sanktionen nötig sind“, sagte Zelensky am 2. Juni.
Das geopolitische Umfeld wirkt sich auch auf die Verhandlungen aus. Die Rolle der USA als Vermittler wurde von russischen Offiziellen mehrfach in Frage gestellt, wobei die russische Regierung die Effektivität Washingtons hinsichtlich des Drucks auf Kiew bezweifelt. Experten warnen vor weiteren Problemen, insbesondere angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen.

Die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung
Während die Diplomatie stagniert, sind die Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung dramatisch. Die russischen Streitkräfte haben ihre Offensive im Südosten der Ukraine intensiviert und gewinnen an Terrain in den Regionen Donetsk und Dnipropetrovsk. Gleichzeitig nehmen die Raketen- und Drohnenangriffe auf Zivilisten zu, was zu einer besorgniserregenden Anzahl von Opfern führt.
Laut Vereinten Nationen wurden seit Beginn des Konflikts bereits über 20.000 Zivilisten getötet, und die humanitäre Lage in den betroffenen Gebieten verschlechtert sich weiter. Viele Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und in benachbarte Länder zu fliehen, was zu einer der größten Flüchtlingskrisen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg führt.
Diese humanitären Herausforderungen machen die Verhandlungen umso dringlicher. Experten unterstreichen, dass der Druck auf die internationale Gemeinschaft, eine Lösung zu finden, wächst. „Es ist nicht nur ein politisches Problem, sondern auch eine humanitäre Krise, die sofortige Aufmerksamkeit erfordert“, so ein Vertreter der Internationalen Roten Kreuzes.
Die Rolle der internationalen Gemeinschaft
Die internationale Gemeinschaft spielt eine entscheidende Rolle in diesem Konflikt. Die NATO-Staaten haben ihre militärische Unterstützung für die Ukraine verstärkt, was Russland als Provokation ansieht. Diese Rüstungslieferungen haben die Spannungen weiter angeheizt und die Möglichkeit eines diplomatischen Auswegs erschwert.
Einige Beobachter argumentieren, dass eine ausgewogene Herangehensweise der internationalen Gemeinschaft notwendig ist, um einen echten Dialog zu ermöglichen. Es wird zunehmend gefordert, dass Länder wie China und Indien, die eine neutralere Position einnehmen, als Vermittler auftreten, um einen Kurswechsel herbeizuführen.
Die Frage bleibt, ob die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine ausreichen werden, um den Konflikt zu beenden. In der Zwischenzeit befürchten viele, dass der Krieg in eine Phase der permanenten Instabilität übergehen könnte, wobei die Zivilbevölkerung weiterhin die Hauptlast trägt.
Der Blick in die Zukunft
Die Aussichten auf eine Lösung des Konflikts sind ungewiss. Während Russland, wie Peskov betonte, offen für weitere Verhandlungen ist, bleibt die Frage, ob Kiew und Washington bereit sind, auf Moskaus Forderungen einzugehen. Die Festlegung eines Zeitplans für die nächste Runde von Gesprächen steht noch aus, und ohne grundlegende Änderungen der Positionen auf beiden Seiten sind die Aussichten auf Frieden trübe.
Der Druck auf die ukrainische Regierung wächst, insbesondere von den westlichen Partnern, die ein Ende der Feindseligkeiten anstreben. Gleichzeitig muss Russland zeigen, dass es bereit ist, Kompromisse einzugehen, um die diplomatischen Bemühungen voranzutreiben.
Dieser Konflikt hat nicht nur geopolitische Dimensionen, sondern auch tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Menschen in der Region. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, um zu bestimmen, ob ein tatsächlicher Fortschritt in den Friedensbemühungen möglich ist oder ob der Konflikt weiter eskaliert.
Die geopolitische Lage, die humanitären Herausforderungen und die internationalen Beziehungen werden weiterhin eine Schlüsselrolle in den Bemühungen um Frieden spielen. Die Weltgemeinschaft ist gefordert, eine Lösung zu finden, die nicht nur politischen Zielen dient, sondern auch dem Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine. Die Zeit drängt, und die Hoffnung auf Frieden muss weiterhin ein zentrales Ziel bleiben.