AUSTIN, Texas — Texas hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das alle öffentlichen Schulen verpflichtet, die Zehn Gebote in jedem Klassenraum auszustellen. Dies macht Texas zum größten Bundesstaat der USA, der ein solches Mandat einführt. Am Samstag gab Gouverneur Greg Abbott bekannt, dass er das Gesetz unterzeichnet hat, das mit großer Wahrscheinlichkeit auf rechtliche Herausforderungen stoßen wird. Kritiker betrachten es als einen Verstoß gegen das verfassungsmäßige Prinzip der Trennung von Kirche und Staat.
Das Gesetz, das in der von Republikanern dominierten Legislative des Bundesstaates schnell verabschiedet wurde, könnte Texas in eine rechtliche Auseinandersetzung führen, die bereits ähnliche Gesetze in anderen Bundesstaaten, wie Louisiana und Arkansas, getroffen hat. Louisiana erlebte kürzlich eine Niederlage vor Gericht, als ein Bundesberufungsgericht entschied, dass ein ähnliches Gesetz verfassungswidrig war. Arkansas hat ebenfalls rechtliche Auseinandersetzungen über ein vergleichbares Gesetz.

Hintergründe und Kontext
Der Gesetzesentwurf wurde von der republikanischen Abgeordneten Candy Noble unterstützt, die betonte, dass es bei dem Gesetz darum gehe, das historisch Wichtige für die Nation sowohl im Bildungs- als auch im Rechtssystem sichtbar zu machen. “Die Zehn Gebote sind ein fundamentaler Bestandteil unserer Geschichte”, sagte Noble in einer Debatte über den Gesetzesentwurf. Ihre Argumentation spiegelt den Trend wider, in mehreren von konservativen Parteien geführten Staaten eine religiöse Komponente in den öffentlichen Bildungsbereich zu integrieren.
Texas hat eine diversifizierte Bevölkerung mit fast 6 Millionen Schülern in rund 9.100 öffentlichen Schulen, darunter viele, die verschiedenen Glaubensrichtungen angehören. Eine im Jahr 2023 unterzeichnete Erklärung von Dutzenden von christlichen und jüdischen Glaubensführern, die sich gegen das Gesetz aussprachen, wies darauf hin, dass viele Schüler möglicherweise keine Verbindung zu den Zehn Geboten haben. Diese Bedenken werden durch die Tatsache verstärkt, dass die Zehn Gebote in unterschiedlichen Übersetzungen und Interpretationen existieren, die je nach Konfession und Glaubensgemeinschaft variieren.
Die gesetzliche Anforderung, die Zehn Gebote in einem bestimmten Format auszuhängen — in Form eines 16 mal 20 Zoll großen Posters — wurde als problematisch angesehen, da sie den unterschiedlichen religiösen Hintergründen der Schüler nicht gerecht wird. Dies könnte in den kommenden rechtlichen Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle spielen.

Investigative Enthüllungen
Die rechtlichen Herausforderungen, die gegen das neue Gesetz erhoben werden könnten, sind nicht neu. Bereits im Jahr 2005 argumentierte Abbott, damals Generalstaatsanwalt von Texas, erfolgreich vor dem Obersten Gerichtshof, dass Texas ein Denkmal der Zehn Gebote auf dem Gelände des Kapitols behalten dürfe. Doch seitdem haben mehrere Bundesgerichte ähnliche Gesetze in anderen Bundesstaaten als verfassungswidrig eingestuft, was die Grundlage für mögliche zukünftige rechtliche Auseinandersetzungen in Texas bilden könnte.
Im Fall von Louisiana, wo ein ähnliches Gesetz zweimal vom Gericht für verfassungswidrig erklärt wurde, forderten die Richter eine klare Trennung zwischen religiösem und staatlichem Einfluss. Die Entscheidung des 5. US-Bezirksgerichts, das auch für Texas zuständig ist, könnte einen Präzedenzfall schaffen, der es der texanischen Gesetzgebung erschwert, ihre Anforderungen durchzusetzen. Die Attorney General von Louisiana, Liz Murrell, hat angekündigt, vor den Obersten Gerichtshof der USA zu ziehen, um die Entscheidung anzufechten.
Ein Hauptargument der Gegner ist, dass die öffentlichen Schulen aus einer Vielzahl von Schülern bestehen, die verschiedene Glaubensrichtungen vertreten. Die Zwangseinführung der Zehn Gebote könnte als Ausschlussstrategie interpretiert werden, die das Recht auf Religionsfreiheit untergräbt. Die Debatte wird auch durch die Tatsache kompliziert, dass viele Texas-Schüler aus Familien kommen, die keinen christlichen Hintergrund haben. Der Einfluss solcher Gesetze auf die schulische Umgebung könnte gravierende Auswirkungen auf das soziale Klima an Schulen haben.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf das neue Gesetz sind gemischt. Während einige konservative Gruppen das Gesetz als einen Schritt in die richtige Richtung feiern, um religiöse Werte im Bildungssystem zu fördern, warnen andere, dass es zu einer Spaltung zwischen Schülern unterschiedlicher Glaubensrichtungen führen könnte. Experten warnen vor den langfristigen Folgen, die eine derartige Gesetzgebung auf die gesellschaftliche Kohäsion haben könnte.
Die Opposition umfasst nicht nur religiöse Führer, sondern auch Eltern, Lehrer und Bildungsexperten, die sich Sorgen um die Bildungsintegrität machen. Viele argumentieren, dass Schulen sich auf die Vermittlung von Wissen und nicht auf die Förderung religiöser Lehren konzentrieren sollten. “Die Schulen sollten Orte des Lernens und des Austauschs von Ideen sein, nicht der Indoktrination”, sagte ein Lehrer aus Houston, der anonym bleiben wollte.
Zusätzlich zu den rechtlichen Herausforderungen könnte dieses Gesetz auch zu einem Rückgang von Schülerzahlen in öffentlichen Schulen führen. Wenn Familien das Gefühl haben, dass ihre Kinder in einer nicht-inklusiven Umgebung lernen, könnten sie sich für private Schulen oder Homeschooling entscheiden. Dies könnte insbesondere in einem Bundesstaat wie Texas mit einem bereits überlasteten Bildungssystem problematisch werden.
Zukünftige Entwicklungen
Die nächsten Schritte in dieser Angelegenheit werden entscheidend sein. Der Widerstand gegen das Gesetz hat bereits begonnen, und es bleibt abzuwarten, ob rechtliche Schritte unternommen werden, um die Umsetzung zu stoppen. Die Reaktionen von Organisationen wie der American Civil Liberties Union (ACLU) und anderen Menschenrechtsgruppen, die sich für die Rechte von Schülern einsetzen, könnten die nächsten Monate prägen.
Zusätzlich wird die politische Landschaft in Texas ebenso von Bedeutung sein. Mit den bevorstehenden Wahlen wird erwartet, dass das Thema Religionsfreiheit und Bildungspolitik ein zentrales Thema der politischen Debatten wird. Die Stimmen der Wähler könnten entscheidend sein, um das Schicksal dieses Gesetzes zu beeinflussen.
Abschließend zeigt das neue Gesetz in Texas die Spannungen, die weiterhin zwischen religiösen Überzeugungen und dem öffentlichen Schulsystem bestehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Dynamik entwickeln wird und welche Auswirkungen sie auf die Bildungslandschaft und die Gesellschaft insgesamt haben könnte.