AUSTIN, Texas — Texas hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das alle öffentlichen Schulen des Bundesstaates verpflichtet, die Zehn Gebote in jedem Klassenraum auszuhängen. Mit dieser Entscheidung wird Texas zur größten Legislative in den USA, die einen solchen gesetzlichen Rahmen schafft. Gouverneur Greg Abbott gab bekannt, dass er das Gesetz, das am 2. Juni 2025 in Kraft tritt, unterzeichnet hat, und es ist bereits sicher, dass es auf rechtlichen Widerstand stoßen wird.
Die Initiative hinter dem Gesetz beruft sich auf die historische Bedeutung der Zehn Gebote für das amerikanische Rechtssystem und die Bildung. Kritiker hingegen sehen darin einen klaren Verstoß gegen die Trennung von Kirche und Staat, ein Prinzip, das in der Verfassung der Vereinigten Staaten verankert ist. Ähnliche Gesetze in anderen Bundesstaaten, wie Louisiana, wurden bereits als verfassungswidrig eingestuft, was die Frage aufwirft, ob Texas das Rad neu erfinden kann oder ob es sich einem unvermeidlichen rechtlichen Rückschlag gegenübersieht.

Hintergründe und Kontext
Das Gesetz in Texas kommt nicht überraschend, wenn man die aktuellen politischen Strömungen in den USA betrachtet. Der Bundesstaat hat eine starke konservative Mehrheit im Landesparlament, die in den letzten Jahren zunehmend versucht hat, religiöse Werte in die staatlichen Institutionen zu integrieren. Die politische Agenda unter der Führung von Greg Abbott zielt darauf ab, eine Rückkehr zu traditionellen Werten zu fördern, was sich auch in der Gesetzgebung zu Themen wie Bildung, Abtreibung und Waffengesetzen zeigt.
Die Zehn Gebote gelten für viele als grundlegende moralische Richtlinien. Ihre Darstellung in öffentlichen Schulen wird jedoch von vielen als religiöser Zwang angesehen, insbesondere in einem Bundesstaat mit einer vielfältigen Bevölkerung, die nicht nur aus Christen besteht. Texas hat über 6 Millionen Schüler in rund 9.100 öffentlichen Schulen, darunter auch zahlreiche Kinder anderer Glaubensrichtungen.
Der Gesetzesvorschlag wurde von der Republikanerin Candy Noble, einer Mitautorin des Gesetzes, als notwendig erachtet, um die historische Relevanz der Gebote für das Bildungssystem zu unterstreichen. "Die Fokussierung dieses Gesetzes liegt darauf, was historisch wichtig für unsere Nation ist, sowohl in der Bildung als auch im Rechtssystem", sagte Noble nach der Verabschiedung im Repräsentantenhaus.

Investigative Enthüllungen
Die rechtlichen Herausforderungen, die Texas jetzt bevorstehen, sind bereits absehbar. Ein ähnliches Gesetz in Louisiana wurde kürzlich vom 5. US-Bezirksgericht als verfassungswidrig eingestuft. Die Richter befanden, dass das Gesetz gegen das Establishment Clause der US-Verfassung verstößt, welches die Regierung dazu verpflichtet, eine Neutralität gegenüber Religionen zu wahren. Ein solches Urteil könnte als Präzedenzfall für die bevorstehenden Herausforderungen gegen das texanische Gesetz dienen.
Die Überlegungen hinter der Einführung dieses Gesetzes werfen zahlreiche Fragen auf. Zunächst stellt sich die Frage, welche Version der Zehn Gebote in den Klassenzimmern der Schulen hängen wird, da es zahlreiche Übersetzungen und Interpretationen gibt, die sich je nach Konfession und Glaubensrichtung unterscheiden. Das Gesetz schreibt vor, dass die Gebote in einer bestimmten englischen Übersetzung präsentiert werden, was für viele eine problematische Vereinheitlichung darstellt.
Kritiker, darunter auch einige Glaubensführer aus verschiedenen religiösen Gemeinschaften, argumentieren, dass die Zehn Gebote nicht nur ein religiöses, sondern auch ein kulturelles Symbol sind, das nicht ohne weiteres in den öffentlichen Schulunterricht integriert werden kann. Diese Bedenken werden durch die Tatsache verstärkt, dass Texas eine hohe Zahl an Schülern hat, die nicht mit dem Christentum verbunden sind. Eine Studie zeigt, dass etwa 20 Prozent der texanischen Bevölkerung sich als Angehörige anderer Religionen oder als Atheisten identifizieren.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf das neue Gesetz sind bereits jetzt gemischt. Während einige Eltern und Anhänger des Gesetzes es als einen Schritt zur Stärkung der moralischen Bildung der Kinder sehen, haben Gegner Bedenken geäußert, dass dies eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellt. Die Gegner des Gesetzes, darunter zahlreiche christliche und jüdische Führer, argumentieren, dass die gesetzliche Verankerung der Zehn Gebote in Schulen zu einem Gefühl der Isolation und Diskriminierung bei Schülern anderer Glaubensrichtungen führen könnte.
Eine Gruppe von über fünfzig religiösen Führern hat bereits einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie sich gegen das Gesetz aussprechen. "In einem Bundesstaat mit einer derart vielfältigen Schülerpopulation ist es inakzeptabel, einen religiösen Text zu fordern, der für viele Schüler irrelevant sein könnte", heißt es in dem Schreiben. Diese Stimmen spiegeln ein wachsendes Unbehagen in der Gesellschaft wider, das die Balance zwischen Religionsfreiheit und der Rolle, die der Staat in der religiösen Erziehung spielt, in Frage stellt.
Zukünftige Entwicklungen
Da das Gesetz in Texas in Kraft tritt, ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu einer Reihe von rechtlichen Auseinandersetzungen kommen wird. Die Rechtsabteilung des Bundesstaates hat bereits signalisiert, dass sie bereit ist, das Gesetz vor dem Obersten Gerichtshof der USA zu verteidigen, sollte dies notwendig sein. Diese Auseinandersetzungen könnten zu einer grundlegenden Neubewertung der Rechte und Pflichten öffentlicher Schulen in Bezug auf religiöse Praktiken führen.
In der Zwischenzeit wird die öffentliche Debatte über die Rolle der Religion in der Bildung weiter zunehmen, wobei beide Seiten ihre Standpunkte vehement vertreten werden. Die Einführung dieser Maßnahmen könnte auch als Katalysator für ähnlichen legislativen Druck in anderen Bundesstaaten dienen, die versuchen, ihre eigenen religiösen Botschaften in die Schulbildung zu integrieren.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie dieses Gesetz in der Praxis umgesetzt wird und welche rechtlichen Herausforderungen es überstehen muss. Die Fragen der Religionsfreiheit, der Trennung von Kirche und Staat und der Bildungspolitik werden weiterhin im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion stehen und könnten langfristige Auswirkungen auf die Bildungslandschaft in Texas und darüber hinaus haben.