In einem umstrittenen Schritt hat das von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., einem bekannten Kritiker von Impfungen, geleitete Gremium der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) am Donnerstag entschieden, die bundesweiten Empfehlungen für saisonale Grippeimpfungen, die das Konservierungsmittel Thimerosal enthalten, zurückzuziehen. Diese Entscheidung fiel nach einer Präsentation von Lyn Redwood, einer Anti-Impf-Aktivistin, die von vielen als extrem angesehen wird.
Die Entscheidung wirft Fragen über die Integrität und die wissenschaftliche Basis der Impfempfehlungen auf. Trotz umfangreicher Daten über die Sicherheit von Thimerosal, das seit Jahrzehnten in Impfstoffen verwendet wird, präsentierte Redwood selektive Informationen, die die Bedenken über das Konservierungsmittel schürten. Diese Präsentation, die nicht die umfassende Prüfung erhielt, die normalerweise bei solchen wichtigen Entscheidungen erwartet wird, schließt sich einer besorgniserregenden Tendenz an, wissenschaftlich fundierte Informationen zugunsten von Anti-Impf-Narrativen zu ignorieren.
Hintergründe und Kontext
Thimerosal, ein Konservierungsmittel, das Ethylquecksilber enthält, ist seit den späten 1930er Jahren in der Medizin weit verbreitet. Es wird in multidosen Impfstoffen verwendet, um das Wachstum von Bakterien und Pilzen zu verhindern. Obwohl es in den letzten Jahrzehnten zunehmend aus Kindervakzinen entfernt wurde, bleibt es in einigen multidosen Grippeimpfstoffen erhalten, die kostengünstiger sind und häufig in anderen Teilen der Welt Verwendung finden.
Der Beschluss, die Empfehlungen für Grippeimpfungen mit Thimerosal zu streichen, könnte weitreichende Folgen haben. Laut Berichten aus verschiedenen Gesundheitsorganisationen enthalten etwa 96 Prozent der in den USA verwendeten Grippeimpfungen für die Saison 2024-2025 kein Thimerosal. Dennoch könnte dieser Schritt, insbesondere wenn er andere Länder beeinflusst, die Verfügbarkeit und die Kosten von Impfstoffen weltweit erhöhen, was zu weniger Impfungen führen könnte.
Der Kontext dieser Entscheidung wird ebenfalls durch das zunehmende Misstrauen gegenüber Impfstoffen in der Gesellschaft beeinflusst. Anti-Impf-Bewegungen haben in den letzten Jahren an Einfluss gewonnen, und die COVID-19-Pandemie hat diesen Trend weiter verstärkt. Dies hat dazu geführt, dass einige Entscheidungsträger, wie Kennedy, eine Plattform erhalten, um ihre fragwürdigen Ansichten zu verbreiten, oft unterstützt von selektiven wissenschaftlichen Daten.
Investigative Enthüllungen
Die Sitzung, in der die Entscheidung getroffen wurde, war geprägt von einem Mangel an transparenter wissenschaftlicher Diskussion. Anstatt eine umfassende Überprüfung der Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen durchzuführen, hörte das Gremium eine einzige Präsentation von Redwood, die zuvor Präsidentin der von Kennedy gegründeten Anti-Impf-Organisation Children's Health Defense war. Ihre Argumentation stützte sich auf längst widerlegte Behauptungen, dass Thimerosal mit Autismus und neurologischen Störungen in Verbindung stehe.
Diese Präsentation enthielt zahlreiche unbelegte Behauptungen und basierte auf veralteten und fragwürdigen Studien. So wurden behauptet, dass Thimerosal Zellen in Petrischalen abtöte und Rückstände im Gehirn von neugeborenen Affen hinterlasse, nachdem ihnen das Konservierungsmittel injiziert wurde. Kritiker argumentieren, dass solche Informationen nicht nur irreführend sind, sondern auch eine gefährliche Narrative über Impfstoffe fördern können.
Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass das Gremium vor der Abstimmung nicht auf die umfassenden Hintergrunddokumente zugriff, die von CDC-Wissenschaftlern erstellt wurden. Diese Dokumente, die Zusammenfassungen von rund zwei Dutzend Studien enthielten, unterstützten die Sicherheit von Thimerosal und fanden keine Verbindung zu Autismus oder anderen neurologischen Störungen. Sie wurden jedoch nicht in der Sitzung diskutiert, was die Glaubwürdigkeit des Entscheidungsprozesses in Frage stellt.
Auswirkungen und Reaktionen
Die Entscheidung des Gremiums hat sofortige Reaktionen ausgelöst. Senatorin Patty Murray (D-Wash.) bezeichnete Redwood als „Extremistin“ und forderte die Biden-Administration auf, die Entscheidung zu überdenken. In einer Erklärung sagte sie: „Wir können nicht zulassen, dass einige wirklich verrückte Individuen die klare Wahrheit und die Fakten zu Impfstoffen so stark verzerren.“ Die öffentliche Gesundheit könnte erheblich gefährdet sein, wenn solche irrigen Vorstellungen an Glaubwürdigkeit gewinnen.
Die Debatte um Thimerosal und Impfstoffe ist nicht neu. Seit den späten 1990er Jahren haben verschiedene Gesundheitsorganisationen, einschließlich der CDC, umfassende Studien durchgeführt, um die Sicherheit von Thimerosal zu bewerten. Die Ergebnisse waren konsistent: In den empfohlenen Dosen gibt es kaum bis keine Gefahr für die Gesundheit.
Dennoch könnte die Entscheidung des Gremiums, die Empfehlungen zurückzuziehen, das Vertrauen in Impfstoffe weiter untergraben. Experten warnen, dass solch eine Unsicherheit unter den Eltern dazu führen könnte, dass weniger Kinder geimpft werden, was das Risiko von Ausbrüchen von Krankheiten wie Masern oder Keuchhusten erhöht.
Zukünftige Entwicklungen
Mit den anhaltenden Bedenken über die Sicherheit von Impfstoffen und dem Einfluss von Anti-Impf-Aktivisten wird es entscheidend sein, die Integrität der Impfempfehlungen zu wahren. Die CDC muss sicherstellen, dass alle Entscheidungen auf soliden wissenschaftlichen Grundlagen beruhen und nicht von Einzelinteressen beeinflusst werden. Der Weg, den Kennedy und seine Verbündeten eingeschlagen haben, könnte nicht nur die öffentliche Gesundheit gefährden, sondern auch die Glaubwürdigkeit von Gesundheitsbehörden untergraben.
Der Ausgang dieser Entscheidung könnte auch Auswirkungen auf internationale Impfstrategien haben, da viele Länder sich auf die Empfehlung der CDC verlassen, um ihre eigenen Impfprogramme zu gestalten. Wenn die USA ihrer Verantwortung als globaler Führer im Bereich der öffentlichen Gesundheit nicht gerecht werden, könnte dies langfristige Konsequenzen für die weltweite Impfstrategie haben.
In einer Zeit, in der das Vertrauen in Impfstoffe bereits auf dem Spiel steht, ist es von äußerster Wichtigkeit, dass die Behörden transparent bleiben und sich auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten stützen. Nur so kann die öffentliche Gesundheit geschützt und das Vertrauen in Impfstoffe zurückgewonnen werden.
