Eine 100-jährige Holocaust-Überlebende in Skokie, Illinois, erhielt im letzten Jahr eine überraschende Mitteilung von der Sozialversicherungsbehörde der USA (SSA): Die Regierung forderte eine Rückzahlung. Die Überlebende, die am Supplemental Security Income (SSI) Programm für einkommensschwache Senioren teilnimmt, wurde informiert, dass sie zu viel Geld verdient habe, um weiterhin anspruchsberechtigt zu sein. Infolge dessen würden ihre Sozialversicherungszahlungen, ihre einzige Einkommensquelle, künftig einbehalten.
Ein Sozialarbeiter einer lokalen jüdischen Organisation informierte die Frau, die kürzlich aus der Ukraine in die Vereinigten Staaten gezogen war und kein Englisch spricht, über das Problem. Sofort wurde eine Lösung angestrebt. Das zusätzliche Geld, das angeblich dazu führte, dass die Überlebende für SSI nicht mehr in Frage kam, stammte aus Entschädigungszahlungen für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung – die gesetzlich nicht als Einkommen zählen dürfen.
„Sie haben ihr Geld vorenthalten“, sagte ihre Anwältin Stacey Dembo, die den Fall pro bono über das in Skokie ansässige Council for Jewish Elderly und die Jewish United Fund von Chicago übernommen hat. „Ich habe aufgrund ihres Alters das Gefühl, dass die Zeit drängt.“ Die Geschichte dieser Überlebenden, deren Name auf Wunsch ihrer Anwältin nicht veröffentlicht wird, beleuchtet ein besorgniserregendes Muster, das seit Jahrzehnten besteht: einkommensschwache Holocaust-Überlebende, die aufgrund eines spezifischen bürokratischen Fehlers ihre Sozialversicherungszahlungen verweigert bekommen.

Hintergründe und Kontext
Historisch gesehen sind die Probleme dieser Überlebenden auf eine Katastrophe zurückzuführen, die den europäischen Juden widerfahren ist, und die historische Entschädigung, die für sie ausgehandelt wurde. Nach dem Holocaust verfolgten die Conference for Material Claims Against Germany und andere Organisationen Entschädigungen für die vergleichsweise kleine Anzahl von Juden, die den nationalsozialistischen Vernichtungskampagnen entkommen konnten. Seit 1952 verhandelt die Konferenz jährlich über einen Fonds, um Überlebende zu unterstützen und zunehmend auch über Holocaust-Bildung. Im letzten Jahr belief sich die Summe auf 1,5 Milliarden US-Dollar.
Die Claims Conference schätzt, dass im vergangenen Jahr etwa 34.000 Holocaust-Überlebende in den Vereinigten Staaten lebten – ein Drittel von ihnen lebt in Armut, wie die Organisation Blue Card berichtet. Wie alle Amerikaner mit einem Einkommen unter einer bestimmten Schwelle haben diese Überlebenden Anspruch auf SSI, eine Form der Sozialversicherung, die für einkommensschwache und behinderte Erwachsene vorgesehen ist.
Allerdings können die Zahlungen von Entschädigungsorganisationen manchmal auf dem Papier das Einkommen dieser Überlebenden über die monatliche SSI-Grenze heben. Im Jahr 1994 kam es zu einer Gesetzesänderung, die es ermöglichte, diese Zahlungen als Einkommen zu berücksichtigen, was dazu führte, dass viele Überlebende von den dringend benötigten Sozialversicherungsleistungen ausgeschlossen wurden.

Investigative Enthüllungen
Die Schwierigkeiten, mit denen Holocaust-Überlebende konfrontiert sind, haben sich unter der Trump-Administration weiter verschärft. Wie Berichte zeigen, plant die Sozialversicherungsbehörde, etwa 12 % ihrer Belegschaft zu reduzieren – das sind rund 7.000 Stellen – und Dutzende ihrer Außenstellen zu schließen. Gleichzeitig wurden neue Regeln eingeführt, die von den Empfängern verlangen, persönlich in den Büros zu erscheinen, um Streitigkeiten zu klären.
„Es ist klar, dass sie einfach nicht verstehen, was passiert. Sie interessieren sich nicht dafür, zu verstehen“, sagte Dembo. In der Vergangenheit konnte sie Probleme oft durch einen einfachen Brief lösen. Doch jetzt, mit so vielen Stellenabbau in der Behörde, „schreit man praktisch ins Nichts“. Die Sozialversicherungsbehörde reagierte nicht auf Anfragen, die für diesen Artikel an ihr Pressebüro gesendet wurden.
Die Komplexität und die bürokratischen Hürden, mit denen Überlebende konfrontiert sind, haben tiefgreifende Folgen für ihr tägliches Leben. Für viele Überlebende, die oft unter gesundheitlichen Problemen und einem hohen Alter leiden, wird der Zugang zu den notwendigen finanziellen Mitteln zur Existenzsicherung zunehmend erschwert. Die öffentlichen Äußerungen von Regierungsvertretern spiegeln oft ein mangelndes Verständnis für die Realität dieser älteren Bevölkerung wider.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Auswirkungen der Kürzungen bei der Sozialversicherungsbehörde sind nicht nur statistisch, sondern konkret. Überlebende, die auf die Zahlungen angewiesen sind, berichten von einem erhöhten Stresslevel und einer Besorgnis um ihre finanzielle Sicherheit. „Ich habe Angst, dass ich nicht genug Geld für meine Medikamente habe“, sagt einer der Überlebenden, der anonym bleiben möchte. „Das ist das letzte, was ich in meinem Leben brauchen kann.“
Diverse Organisationen, die sich für die Rechte von Holocaust-Überlebenden einsetzen, haben in den letzten Jahren ihre Stimme erhoben. Laut Claims Conference gibt es einen dringenden Bedarf an Reformen, um sicherzustellen, dass diese Zahlungen nicht als Einkommen gezählt werden. „Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die Überlebenden die Hilfe erhalten, die sie benötigen“, erklärt ein Sprecher der Organisation.
Die Reaktionen auf die Kürzungen sind gemischt. Während einige Politiker die Entscheidung, die Arbeitsplätze in der Sozialversicherungsbehörde zu reduzieren, unterstützen, warnen Experten vor den langfristigen Folgen für die sozial schwachen Überlebenden. „Es ist unverantwortlich, diese Bürokratie weiter zu entblößen und gleichzeitig die Anforderungen an die Empfänger zu erhöhen“, sagt Dembo.
Zukünftige Entwicklungen
Die Zukunft der Sozialhilfe für Holocaust-Überlebende steht auf der Kippe. Mit dem anhaltenden Druck auf die Sozialversicherungsbehörde und den geplanten Personalkürzungen wird es zunehmend schwieriger, die Ansprüche der Überlebenden durchzusetzen. Organisationen wie die Jewish United Fund betonen die Notwendigkeit einer breiten öffentlichen Unterstützung, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen.
In Anbetracht der demografischen Veränderungen – die meisten Holocaust-Überlebenden sind hochbetagt – müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass ihre Stimmen gehört werden. Die Verhandlungen über die zukünftige Finanzierung der Entschädigungsprogramme stehen ebenfalls auf der Agenda von politischen Entscheidungsträgern.
Die Probleme der Holocaust-Überlebenden sind nicht nur eine Frage der Bürokratie, sondern auch eine moralische Verpflichtung, die Gesellschaft gegenüber denjenigen, die das Unvorstellbare überlebt haben. Jeder Tag, an dem diese Überlebenden in Unsicherheit leben müssen, ist ein Tag, an dem die Gesellschaft versagt, ihre Verantwortung zu erkennen und zu erfüllen.
In den kommenden Monaten werden die Entscheidungen der Regierung und die Reaktionen der Gemeinschaft entscheidend sein, um die Lebensqualität der Überlebenden zu sichern. Es bleibt zu hoffen, dass die Stimmen der Überlebenden und ihrer Unterstützer Gehör finden, um sicherzustellen, dass die Geschichte nicht wiederholt wird.