Der spanische Oberste Gerichtshof hat am Donnerstag entscheidende Bestimmungen eines umstrittenen Amnestiegesetzes für katalanische Separatisten bestätigt, die in die gescheiterte Unabhängigkeitsbewegung von 2017 verwickelt waren. Diese Entscheidung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die politische Lage in Spanien ohnehin angespannt ist, insbesondere nach den Wahlen, die zu einem Patt im Parlament führten. Unter dem Gesetz wurden bereits über 300 Personen begnadigt.
Der Ministerpräsident Spaniens, Pedro Sánchez, äußerte sich in Brüssel erfreut über das Urteil und betonte, dass die Amnestie „die Einheit Spaniens sowie unsere Entwicklung und den Zusammenhalt zwischen Bürgern und Regionen“ garantiere. Doch diese Maßnahmen sind nicht unumstritten. Kritiker, insbesondere aus der konservativen Opposition, werfen der Regierung vor, die Amnestie als politischen Schachzug zur Sicherung ihrer Machtposition zu nutzen.

Hintergründe und Kontext
Die Amnestie wurde im Jahr 2023 als Teil eines politischen Kompromisses zwischen der sozialistischen Regierung und zwei katalanischen Separatistenparteien beschlossen. Dieses Bündnis war notwendig, um die Regierung nach einer Wahl zu stabilisieren, die keine klare Mehrheit hervorbrachte. Das Gesetz wurde im Parlament mit knapper Mehrheit verabschiedet, und die konservative Volkspartei (PP) stellte umgehend die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in Frage.
Die PP argumentiert, dass die Amnestie nicht nur ein Verstoß gegen die Verfassung sei, sondern auch ein Beispiel für einen korrupten Deal zwischen der Regierung und den Separatisten. „Dies ist ein korrupter Austausch von Straffreiheit gegen politische Macht“, sagte PP-Chef Alberto Núñez Feijóo und bezeichnete die Amnestie als einen Angriff auf die Gewaltenteilung in Spanien.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die meisten Punkte der Klage der PP abzulehnen, fiel mit sechs zu vier Stimmen. Die Richter erklärten, dass „Amnestie nicht durch die Verfassung verboten ist und ihre Annahme, wenn sie auf eine außergewöhnliche Situation und ein legitimes öffentliches Interesse reagiert, verfassungsmäßig zulässig sein kann.“ Diese Aussage des Gerichts ist bedeutend, da sie den rechtlichen Rahmen für zukünftige Amnestien in Spanien möglicherweise definiert.

Investigative Enthüllungen
Ein zentraler Aspekt der Diskussion um die Amnestie ist der ehemalige katalanische Führer Carles Puigdemont. Er, der als eine der Hauptfiguren der Unabhängigkeitsbewegung gilt, lebt seit 2017 im Exil in Belgien, um sich der Strafverfolgung wegen Anklagen wie Rebellion und Missbrauch öffentlicher Mittel zu entziehen. Das Gericht hat klargestellt, dass die Amnestie nicht für Puigdemont gilt, da er auch wegen Veruntreuung von Geldern, die für das Referendum vorgesehen waren, verklagt wird.
Puigdemont hat jedoch Berufung gegen diese Entscheidung eingelegt und argumentiert, dass die Mittel, die für das Referendum bereitgestellt wurden, nicht für seinen persönlichen Gewinn verwendet wurden. Diese komplexe rechtliche Situation könnte sich noch weiter hinziehen, da das Gericht angekündigt hat, über seinen Fall erst Ende dieses Jahres oder im nächsten Jahr zu entscheiden.
Die Entscheidung des Gerichtshofs wirft auch die Frage auf, wie die spanische Regierung mit den Herausforderungen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung umgehen will. Angesichts der tiefen politischen Spaltung innerhalb Spaniens und der anhaltenden Spannungen zwischen Katalonien und der Zentralregierung sind die Folgen dieser Entscheidung weitreichend.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf das Urteil sind gemischt. Während Sánchez und seine sozialistische Partei das Urteil als Sieg für die nationale Einheit feiern, kritisieren viele Bürger und politische Analysten die Entscheidung als unzureichend, um die tiefen gesellschaftlichen Gräben zu überbrücken. Eine Umfrage zeigt, dass eine Mehrheit der Spanier die Idee einer Amnestie als problematisch ansieht und befürchtet, dass dies eine Wiederholung ähnlicher Konflikte in der Zukunft begünstigen könnte.
Ein weiterer Aspekt ist die Reaktion der katalanischen Separatisten. Während einige Führer die Amnestie als positiven Schritt betrachten, gibt es innerhalb der Bewegung auch Skepsis. Viele fragen sich, ob die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs tatsächlich die gewünschten Effekte für die Unabhängigkeitsbewegung haben wird oder ob sie lediglich eine politische Taktik der spanischen Regierung ist.
Rechtsanwälte und politische Analysten warnen davor, dass die Amnestie möglicherweise nicht ausreichend ist, um die tief verwurzelten Konflikte zu lösen, die seit über einem Jahrzehnt zwischen Katalonien und der Zentralregierung bestehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Amnestie als ein Schritt zur Deeskalation dienen kann oder ob sie die Spannungen weiter anheizen wird.
Zukünftige Entwicklungen
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige politische Landschaft in Spanien haben. Mit dem fortdauernden politischen Patt im Parlament und der Notwendigkeit, eine stabile Regierung aufrechtzuerhalten, könnte die Amnestie der katalanischen Separatisten ein Testfall für die Regierungen in den kommenden Monaten werden.
Die politische Strategie der sozialistischen Regierung, die Unterstützung der Separatisten zu gewinnen, könnte sich als zweischneidiges Schwert erweisen. Sollte die Amnestie nicht die erhoffte Stabilität bringen, könnte dies nicht nur die Regierung von Sánchez gefährden, sondern auch die Position der Katalanen in der nationalen Politik langfristig schwächen.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, sowohl für die katalanische Unabhängigkeitsbewegung als auch für die spanische Regierung. Politische Beobachter sind sich einig, dass eine Lösung für den Konflikt nicht in Sicht ist, solange die zugrunde liegenden Spannungen nicht adressiert werden.