Die alarmierende Situation in der Murmansk-Region, wo über 77 % der Schulen dringend renovierungsbedürftig sind, wirft Fragen zur Prioritätensetzung der regionalen Behörden auf. Trotz des enormen Bedarfs an Schulrenovierungen und Verbesserungen im Bildungssektor haben die Verantwortlichen entschieden, Gelder zur Unterstützung von Schulen in den besetzten Gebieten der Ukraine umzuleiten. Diese Entscheidungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Bildung der Kinder in einer bereits stark militarisierten Region.
Die aktuellen Daten, die sich auf offizielle Dokumente des russischen Bildungsministeriums stützen, zeigen, dass die Bildungseinrichtungen in Murmansk nicht nur veraltet, sondern auch in einem kritischen Zustand sind. Die Situation wird durch die anhaltenden Kürzungen im Bildungsbudget weiter verschärft, während gleichzeitig Millionen von Rubel in kriegsgeschädigte Gebiete umgeleitet werden.

Hintergründe und Kontext
Die Murmansk-Region ist bekannt für ihre strategische Lage und militärische Bedeutung. In dieser Region, in der die Schulen dringend renoviert werden müssen, unterzeichnete Gouverneur Andrei Chibis am 22. April einen Erlass zur Reduzierung der Ausgaben für das Bildungs- und Wissenschaftsprogramm um mehr als 84 Millionen Rubel (etwa 940.000 Euro). Diese Mittel hätten ursprünglich für die dringend benötigte Renovierung mehrerer Schulen und Kindergärten bereitgestanden, wurden jedoch in den regionalen Rücklagefonds zurückgeführt.
In der Folge flossen etwa 7,5 Millionen Rubel in die Rekonstruktion von Schulen in besetzten Gebieten der Ukraine. Anstatt die örtlichen Bildungseinrichtungen zu unterstützen, investiert die Regierung in die Wiederherstellung von Schulen in dem besetzten ukrainischen Gebiet Zaporizhzhia. Dies wirft nicht nur Fragen zu den Prioritäten der Regionalregierung auf, sondern auch zur langfristigen Perspektive der Bildung in Murmansk.
Die Entscheidung, Gelder für Schulen in der Ukraine bereitzustellen, steht im Widerspruch zu den wiederholten Beteuerungen von Gouverneur Chibis über die Wichtigkeit des Bildungssektors. Während er in einem strategischen Plan für die Region, genannt „Lebendig im Norden“ (Na Severe Zhit'), die Renovierung von mindestens 23 Schulen innerhalb von fünf Jahren ankündigte, bleibt die Frage, wie diese Pläne mit den laufenden Kürzungen im Bildungshaushalt in Einklang zu bringen sind.

Investigative Enthüllungen
Die finanziellen Entscheidungen der Regionalregierung sind nicht nur in der Murmansk-Region besorgniserregend. Auch in der benachbarten Republik Karelia sieht die Situation nur marginal besser aus, wo laut dem Bildungsministerium etwa 65 % der Schulen große Renovierungen benötigen. Dies zeigt, dass die Probleme im Bildungssektor in Nord-Russland weit verbreitet sind und möglicherweise auf eine systematische Vernachlässigung der Bildungseinrichtungen hindeuten.
Auf einem Telegram-Kanal mit dem Namen „From Karelia with Freedom“ wurden kürzlich Bilder einer Schule in der Siedlung Hiidenselga veröffentlicht. Die Fotos zeigen unhygienische Bedingungen, bei denen die Toiletten lediglich Löcher im Holzfußboden sind. Ein ähnliches Bild zeigt die Schule in Ambarny, wo die Schüler unter vergleichbaren sanitären Missständen leiden.
Obwohl die Realität vor Ort alarmierend ist, betont der Präsident von Karelia, Artur Parfenchikov, in öffentlichen Äußerungen, dass die Regierung „in den letzten Jahren viel für die Modernisierung des Bildungssektors getan“ habe. Er kündigte an, dass ab 2025 die Arbeiten im Rahmen eines neuen nationalen Projekts mit dem Titel „Jugend und Kinder“ fortgesetzt werden sollten. Solche Aussagen stehen jedoch im Widerspruch zur Realität, in der viele Schulen in einem bedenklichen Zustand verharren.

Auswirkungen und Reaktionen
Die fehlenden Renovierungen und die unzureichende finanzielle Unterstützung für Schulen haben direkte Auswirkungen auf die Schüler und die Qualität der Bildung in der Region. Lehrer berichten von überfüllten Klassen und unzureichenden Ressourcen, die das Lernen der Kinder beeinträchtigen. Laut Berichten haben mehr als 190.000 russische Lehrer im letzten Jahr ihren Job gekündigt, was die Situation weiter verschärft und die Erziehungsqualität in diesen Regionen gefährdet.
Die Reaktionen auf die politischen Entscheidungen in Murmansk und Karelia sind gemischt. Während einige Bürger die Umleitung der Gelder in besetzte Gebiete als unverantwortlich betrachten, gibt es auch Stimmen, die die Maßnahmen als notwendig erachten, um die Bildung in den besetzten Regionen zu stabilisieren. Es bleibt jedoch unklar, wie diese Entscheidungen die langfristige Entwicklung der eigenen Schulen in der Murmansk-Region beeinflussen werden.
Die Behörden in Nord-Russland stehen unter Druck, ihre Prioritäten neu zu bewerten und die dringenden Bedürfnisse der örtlichen Schulen zu berücksichtigen. Die Forderungen nach mehr Transparenz und Verantwortung in der Haushaltsführung werden lauter, da Eltern und Lehrer um die Zukunft der Schulinfrastruktur für ihre Kinder besorgt sind.
Zukünftige Entwicklungen
Angesichts der alarmierenden Situation in den Schulen von Murmansk und Karelia bleibt abzuwarten, ob die regionalen Regierungen ihre Prioritäten ändern werden. Die Notwendigkeit, in die lokale Bildung zu investieren, wird immer dringlicher, insbesondere angesichts der wachsenden Anzahl von Berichten über marode Schulgebäude und unhygienische Bedingungen.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, ob die Ankündigungen der Gouverneure in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden oder ob die politischen Entscheidungen weiterhin von den Bedürfnissen der besetzten Gebiete überlagert werden. Für die Schülerinnen und Schüler in Murmansk und Karelia ist die Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation das einzige Licht am Ende dieses dunklen Tunnels.
Die Verantwortlichen müssen sich der menschlichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen bewusst werden, und die Bildung sollte wieder zu einer Priorität werden, die nicht hinter geopolitischen Interessen zurückgestellt wird. Die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in diesen Regionen hängt in hohem Maße von den politischen Entscheidungen und der finanziellen Unterstützung ab, die sie erhalten.