Die Welt befindet sich inmitten eines historischen Wandels: Die Geburtenraten sinken in einem beispiellosen Tempo. Gemäß einem neuen Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) gibt es starke Hinweise darauf, dass Menschen weltweit nicht die Anzahl an Kindern haben können, die sie sich wünschen. Hauptgründe hierfür sind die prohibitiv hohen Kosten für die Elternschaft und das Fehlen geeigneter Partner.
In einer Zeit, in der die Welt noch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie spürt, wirft diese Entwicklung neue Fragen auf über die zukünftige demografische und wirtschaftliche Stabilität vieler Länder. Laut Experten könnte der Rückgang der Geburtenraten „eine geradezu atemberaubende“ Auswirkung auf die Gesellschaften haben.

Hintergründe und Kontext
Der Rückgang der Geburtenraten ist kein neues Phänomen, hat jedoch in den letzten Jahren erheblich an Dynamik gewonnen. Laut einer aktuellen Studie sind die Geburtenraten weltweit seit 1950 rückläufig und werden voraussichtlich bis zum Ende des Jahrhunderts weiter sinken. Diese Entwicklung wird als eine der größten Herausforderungen für die globale Bevölkerungspolitik angesehen.
Insbesondere in Ländern wie Südkorea, Italien und Deutschland ist der Rückgang der Geburtenraten ausgeprägt. Diese Länder gehören zu den 14 Staaten, die im UNFPA-Bericht untersucht wurden. Zusammen machen sie etwa ein Drittel der Weltbevölkerung aus. Die Studie zeigte, dass finanzielle Einschränkungen für 39% der Befragten ein Hindernis darstellen, Kinder zu bekommen. Diese Zahl war in Südkorea mit 58% am höchsten, während Schweden mit 19% den niedrigsten Wert aufwies.
Der Rückgang der Geburtenraten hat weitreichende soziale und wirtschaftliche Implikationen. Eine alternde Bevölkerung kann die Rentensysteme belasten und die Wirtschaftswachstumsraten senken. Gleichzeitig könnten Regionen mit hohen Geburtenraten, wie Afrika südlich der Sahara, vor anderen Herausforderungen stehen, wie etwa der Notwendigkeit, Bildungs- und Gesundheitsdienste auszubauen.

Investigative Enthüllungen
Die UNFPA-Studie ist ein Pilotprojekt, das später in diesem Jahr auf 50 Länder ausgeweitet werden soll. Es gibt jedoch bereits kritische Stimmen, die auf die Einschränkungen der aktuellen Daten hinweisen. Beispielsweise sind die Stichprobengrößen in einigen Ländern zu klein, um verlässliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Dennoch sind einige Ergebnisse bemerkenswert.
Eine bedeutende Erkenntnis ist, dass trotz der sinkenden Geburtenraten nur 12% der Befragten Unfruchtbarkeit oder Schwierigkeiten bei der Empfängnis als Grund anführen. Diese Zahl ist jedoch in Ländern wie Thailand (19%) und den USA (16%) höher. Diese Diskrepanz legt nahe, dass soziale und ökonomische Faktoren eine größere Rolle spielen als biologische Faktoren.
Interessanterweise zeigt die Studie auch, dass ältere Menschen über 50 Jahre oft angeben, weniger Kinder zu haben, als sie wollten. Dies deutet darauf hin, dass der Trend zu weniger Kindern bereits seit mehreren Generationen besteht, aber jetzt erst im umfassenden Maße wahrgenommen wird.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf den Bericht sind vielfältig. Während einige Länder Maßnahmen ergreifen, um die Geburtenraten zu steigern, warnen andere vor übertriebenen Reaktionen. Dr. Natalia Kanem, die Leiterin der UNFPA, betont, dass extreme Maßnahmen, um Frauen zu mehr oder weniger Kindern zu bewegen, oft kontraproduktiv sind. Sie verweist darauf, dass Länder wie China und Japan vor vier Jahrzehnten noch über Überbevölkerung besorgt waren.
Dagegen haben Länder wie Ungarn und Italien Anreize wie finanzielle Unterstützungen und verlängerte Elternzeiten eingeführt, um die Geburtenraten zu erhöhen. Diese Maßnahmen werden jedoch oft als kurzfristige Lösungen angesehen, die die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Probleme nicht lösen.
Auch die öffentliche Wahrnehmung spielt eine wichtige Rolle. In vielen westlichen Ländern wird die Entscheidung für oder gegen Kinder oft als persönliche Wahl gesehen, die weniger mit wirtschaftlichen Faktoren als mit individueller Lebensgestaltung zu tun hat. Dies steht im Gegensatz zu Ländern, in denen stark normierte soziale Strukturen den Kinderwunsch beeinflussen.
Zukünftige Entwicklungen
Die globale demografische Zukunft bleibt ungewiss. Es steht außer Frage, dass der stetige Rückgang der Geburtenraten eine Herausforderung für die Politik darstellt. Regierungen weltweit müssen sich der Tatsache stellen, dass ein nachhaltiges Bevölkerungswachstum sowohl wirtschaftliche als auch soziale Reformen erfordert. Bildung, Gesundheitswesen und wirtschaftliche Stabilität müssen gestärkt werden, um ein Umfeld zu schaffen, in dem Familien sich entscheiden können, Kinder zu bekommen.
Die bevorstehende Expansion der UNFPA-Studie in 50 Länder wird weitere Einblicke in die Dynamik des Geburtenrückgangs bieten und möglicherweise neue Strategien zur Bewältigung dieser globalen Herausforderung aufzeigen. Eines ist sicher: Die Diskussion über Geburtenraten wird in den kommenden Jahrzehnten nicht an Relevanz verlieren.