Unsere Schwester starb wegen der Krebs-Verschwörungstheorien unserer Mutter
In der kleinen Stadt Uckfield, Sussex, entwickelte sich eine Tragödie, die sowohl persönliche als auch gesellschaftliche Dimensionen hat. Gabriel und Sebastian Shemirani stehen vor einem unvorstellbaren Verlust – dem Tod ihrer Schwester Paloma im Alter von nur 23 Jahren. Ihre Mutter, Kate Shemirani, hat sich während der Pandemie einen Namen gemacht, indem sie mit ihren gefährlichen Verschwörungstheorien über Covid-19 Schlagzeilen machte. Sie wurde schließlich als Krankenschwester von der Behörde ausgeschlossen, weil sie gezielt falsche Informationen verbreitete. Doch der Schmerz der Familie geht über die bloße Ablehnung ihrer Mutter hinaus. Die Brüder glauben, dass die extremen Überzeugungen ihrer Mutter zu Palomas Weigerung geführt haben, lebensrettende Krebsbehandlungen in Anspruch zu nehmen.
Paloma wurde diagnostiziert und es wurde ihr mitgeteilt, dass sie mit Chemotherapie eine hohe Überlebenschance habe. Doch nur sieben Monate nach ihrer Diagnose starb sie, da sie die Behandlung aufgrund der Überzeugungen ihrer Mutter ablehnte. „Mein Schwesterchen ist direkt als Folge der Handlungen und Überzeugungen meiner Mutter gestorben“, sagt Sebastian. „Ich möchte nicht, dass jemand anderes den gleichen Schmerz erleidet, den ich erlitten habe.“ Diese Geschichte beleuchtet nicht nur die Auswirkungen von medizinischer Desinformation, sondern auch die Verantwortung von Social-Media-Plattformen, die solche gefährlichen Ideen oft unwidersprochen verbreiten.

Hintergründe und Kontext
Die Ursprünge der Überzeugungen von Kate Shemirani reichen weit zurück und sind fest in der Familie verwurzelt. Ihre Kinder wurden in einem Umfeld großgezogen, in dem Verschwörungstheorien als Wahrheit galten. „Die ‚Soundtrack‘ unserer Schulwege war geprägt von den Aussagen von Alex Jones und seinen Theorien über die angeblichen Lügen hinter Ereignissen wie Sandy Hook und 9/11“, erinnert sich Gabriel. Es war nicht nur die Mutter, die in diese Welt eintauchte; auch ihr Vater war in den Bann dieser Ideen gezogen worden und beeinflusste so die ganze Familie.
Als Kinder haben die Brüder diese Überzeugungen unreflektiert akzeptiert. „Als Kind vertraust du deinen Eltern. Du siehst das als Wahrheit“, sagt Gabriel. Diese unkritische Akzeptanz kann jedoch gefährliche Folgen haben, wenn es um die Gesundheit geht. Sebastian beschreibt, wie ihre Mutter ihre Kontrolle über die Familie ausübte, indem sie zum Beispiel das WLAN abschaltete, als sie glaubte, dass es gesundheitsschädlich sei. „Das war ein Beispiel dafür, wie sie ihre irrationalen Überzeugungen nutzte, um Macht über uns auszuüben“, berichtet er.
Diese Kontrolle und die Vermittlung von extremen Ansichten haben nicht nur Paloma beeinflusst, sondern auch die gesamte Familie. Die Brüder berichten von einem ständigen Druck, sich den Überzeugungen ihrer Mutter anzupassen. Dies führte schließlich dazu, dass Paloma, als sie mit ihrer Krebsdiagnose konfrontiert wurde, in eine tiefe Verwirrung geriet und die Ratschläge von Ärzten und Fachleuten ignorierte.

Investigative Enthüllungen
Während die Brüder versuchen, die Hintergründe der Tragödie zu beleuchten, wird klar, dass sie nicht die einzigen sind, die betroffen sind. Die Verbreitung von medizinischer Desinformation wird immer häufiger und wird von einflussreichen Persönlichkeiten unterstützt. Dr. Tom Roques, Vizepräsident des Royal College of Radiologists, warnt davor, dass die Ansichten von Menschen wie Robert F. Kennedy Jr., der öffentlich unwissenschaftliche Ansichten vertritt, die Verbreitung gefährlicher Ideen begünstigen. „Die Risikofaktoren steigen, wenn prominente Persönlichkeiten wie er alternative Behandlungsmethoden propagieren“, erklärt Dr. Roques.
Die Brüder haben versucht, ihre Bedenken über die Gefahren von Verschwörungstheorien zu äußern und fordern eine härtere Gangart gegen medizinische Fehlinformationen auf Social-Media-Plattformen. „Ich war nicht in der Lage, meine Schwester zu retten, aber ich hoffe, dass sie nicht nur eine weitere in einer langen Reihe von Opfern dieser Ideologien bleibt“, sagt Gabriel mit gebrochener Stimme.
Die Brüder wandten sich an die BBC, um ihre Geschichte und die von Paloma zu erzählen. Bei ihren Recherchen fanden sie heraus, dass Paloma während ihrer Erkrankung immer mehr Zeit auf Social-Media-Plattformen verbrachte, wo sie mit Inhalten konfrontiert wurde, die sich gegen die moderne Medizin richteten. Diese Plattformen haben nicht genügend Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung solcher gefährlicher Informationen zu kontrollieren. Die Brüder hoffen, dass durch ihre Offenheit andere vor dem gleichen Schicksal bewahrt werden können.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf die Geschichte der Familie Shemirani sind gemischt. Einerseits gibt es Empathie und Verständnis für die Trauer der Brüder, andererseits müssen sich die Plattformen und die Gesellschaft insgesamt mit den Auswirkungen solcher Überzeugungen auseinandersetzen. „Es ist alarmierend, wie weit verbreitet diese Ansichten geworden sind“, sagt Dr. Roques. „Wenn wir nicht schnell handeln, könnten wir eine Generation verlieren, die sich gegen essenzielle medizinische Behandlungen sperrt.“
Die Gesundheitssysteme stehen unter Druck, ihre Strategien zur Bekämpfung von Fehlinformationen zu überdenken. Die Brüder fordern eine umfassende Aufklärung und einen besseren Zugang zu korrekten Informationen über medizinische Behandlungen, um sicherzustellen, dass niemand mehr in die Fänge solcher gefährlicher Ideologien gerät.
Kates öffentliche Äußerungen, in denen sie die National Health Service (NHS) für Palomas Tod verantwortlich macht, haben weitere Diskussionen über die Verantwortung von Eltern und den Einfluss von Desinformation auf die Gesellschaft ausgelöst. Während einige die Argumentation ihrer Mutter unterstützen, sehen andere sie als gefährlich und irreführend. Sebastian betont: „Es ist wichtig, dass die Gesellschaft erkennt, wie gefährlich diese Überzeugungen sein können und dass wir als Gemeinschaft zusammenarbeiten müssen, um solche Fehlinformationen zu bekämpfen.“
Zukünftige Entwicklungen
Die Geschichte von Paloma Shemirani könnte nur die Spitze des Eisbergs sein. Mit der zunehmenden Verbreitung von Fehlinformationen – sei es über Impfstoffe oder andere medizinische Themen – ist es unerlässlich, dass Regierungen, medizinische Fachkräfte und Internetunternehmen zusammenarbeiten, um solche gefährlichen Überzeugungen zu bekämpfen. Die Brüder sehen in ihren Bemühungen eine Möglichkeit, eine breitere Diskussion über die Themen Gesundheit und Medizin zu entfachen und auf die Gefahren von Verschwörungstheorien hinzuweisen.
„Wir hoffen, dass wir durch unsere Erfahrungen anderen helfen können, und dass niemand mehr den gleichen Schmerz erleiden muss, den wir durchgemacht haben“, schließt Sebastian. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird, doch eines ist klar: Die Verantwortung für die Bekämpfung von Fehlinformationen liegt kollektiv bei uns allen.