Die Vereinigten Staaten verlangen von der Schweiz möglicherweise bis zu 1,5 Milliarden CHF mehr für die 36 F-35-Kampfjets, die im Jahr 2021 bestellt wurden. Diese alarmierenden Erkenntnisse wurden kürzlich von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRF veröffentlicht und werfen ernste Fragen über die Kostenkontrolle und die Transparenz im Beschaffungsprozess auf.
Die ehemalige Verteidigungsministerin Viola Amherd hatte stets betont, dass die Schweiz die Stealth-Jets zu einem Festpreis von rund 6 Milliarden CHF erhalten würde. Doch die aktuellen Berichte deuten darauf hin, dass die US-Regierung andere Pläne verfolgt. Laut den Recherchen von SRF ist die Schweiz mit erheblichen Mehrkosten konfrontiert, die das ursprüngliche Budget weit überschreiten könnten.

Hintergründe und Kontext
Im September 2020 fand in der Schweiz ein Referendum statt, bei dem 50,1 % der Wähler dem Kauf neuer Kampfjets zustimmten. In den offiziellen Unterlagen erklärte der Bundesrat, dass für die Beschaffung der F-35-Jets maximal 6 Milliarden CHF eingeplant wurden. Diese Zahl wurde als Sicherheit für die Wähler präsentiert, um Vertrauen in den Kauf zu schaffen.
Im Juni 2021 gab die Regierung dann den Zuschlag für die F-35-Kampfjets und versicherte der Öffentlichkeit, dass ein fester Preis garantiert sei. Diese Zusicherung beruhte auf den Aussagen von US-Regierungsvertretern, die versicherten, dass die USA in der Vergangenheit feste Preise für die Schweiz eingehalten hatten. Dennoch gibt es nun ernsthafte Zweifel an dieser Festpreisgarantie.
Freiberuflicher Journalist Beni Gafner, der seit Jahren über die Schweizer Armee berichtet, hat in den letzten Wochen verschiedene Quellen aus der Bundesverwaltung konsultiert. Er kommt zu dem Schluss, dass der Bundesrat mit massiven zusätzlichen Kosten für die F-35 konfrontiert ist.
„Viola Amherd wusste seit Sommer 2024 von diesen zusätzlichen Kosten, informierte den Bundesrat jedoch erst im Dezember letzten Jahres“, so Gafner. Innerhalb der Bundesverwaltung kursieren verschiedene Zahlen zu den Mehrkosten, wobei von 1,3 bis 1,5 Milliarden CHF gesprochen wird.

Investigative Enthüllungen
Die Recherchen von SRF zeigen, dass zwei vertrauliche Quellen aus der Bundesverwaltung bestätigten, dass die USA höhere Preise verlangen. Diese Quellen argumentieren, dass mit der Schweiz kein fester Preis ausgehandelt wurde. Der Grund für die höheren Kosten sei vor allem auf gestiegene Produktionskosten zurückzuführen, die die US-Regierung geltend macht.
Der Beschaffungsprozess der F-35-Jets verlief nicht wie gewohnt, da die Schweiz die Jets nicht direkt von Lockheed Martin, dem Hersteller, kaufte, sondern über die US-Regierung. Dies könnte zu einem Mangel an Kontrolle und Transparenz bei den Kosten geführt haben, da die Schweizer Regierung sich auf Garantien der US-Regierung verlassen hat.
Zusätzlich zu den Bedenken des Preises hat das Eidgenössische Finanzkontrollamt (EFK) in einer Untersuchung von 2021 die Festpreisgarantie angezweifelt. In ihrem Bericht stellte die EFK fest, dass es „keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis im Sinne eines Pauschalbetrags nach Schweizer Recht für die Beschaffung der F-35A“ gebe.
Diese Bedenken wurden vor kurzem auch im Parlament laut, als der Sozialdemokrat Fabian Molina den aktuellen Verteidigungsminister Martin Pfister mit den potenziellen Mehrkosten konfrontierte. Pfister beharrte jedoch darauf, dass man der Meinung sei, dass es sich um einen Festpreis handelt, und versprach, die Öffentlichkeit zu informieren, sollte sich die Situation ändern.

Auswirkungen und Reaktionen
Die möglichen zusätzlichen Kosten für die F-35-Jets könnten erhebliche Auswirkungen auf das Verteidigungsbudget der Schweiz haben. Bei einem Budget von etwa 24 Milliarden CHF für die gesamte Armee könnten die zusätzlichen Ausgaben für die F-35 einen erheblichen Teil davon in Anspruch nehmen. Dies könnte bedeuten, dass andere wichtige Projekte im Verteidigungsbereich auf der Strecke bleiben müssen.
Eine Umfrage von Tamedia zeigt bereits, dass eine klare Mehrheit der Schweizer Bevölkerung gegen den Kauf der F-35-Kampfjets ist. Diese wachsende Skepsis könnte eine politische Reaktion hervorrufen, insbesondere wenn die Kosten tatsächlich steigen sollten.
Das Verteidigungsministerium behält sich vor, keine Stellungnahme zu den potenziellen Mehrkosten abzugeben und verweist lediglich auf die Aussagen von Pfister. Dennoch hoffen Ministerium und Bundesrat, dass die US-Regierung die Preise mit dem Hersteller Lockheed Martin verhandeln kann, um mögliche Aufschläge zu minimieren.
Zukünftige Entwicklungen
Die kommenden Monate werden entscheidend sein für die weitere Entwicklung der F-35-Beschaffung. Sollte sich herausstellen, dass die Kosten tatsächlich um 1,5 Milliarden CHF steigen, könnte dies nicht nur die Politik, sondern auch die öffentliche Meinung nachhaltig beeinflussen. Die Regierung wird möglicherweise gezwungen sein, solche Erhöhungen transparent zu machen und sich einer breiteren öffentlichen Diskussion über die Notwendigkeit und die finanziellen Auswirkungen des Kaufs zu stellen.
Die Frage, ob die Schweiz in der Lage sein wird, die F-35-Kampfjets zu einem wettbewerbsfähigen Preis zu erhalten, bleibt also offen. Experten warnen davor, dass dies ein entscheidender Moment für die Schweizer Verteidigungspolitik sein könnte, insbesondere in Anbetracht der geopolitischen Entwicklungen und der Notwendigkeit, die militärische Fähigkeit des Landes zu stärken.
Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, die Entwicklungen genau zu beobachten und sich an der Diskussion über die Zukunft der Schweizer Luftwaffe zu beteiligen. Die F-35 könnte, trotz der aktuellen finanziellen Bedenken, einen wesentlichen Teil der Verteidigungsstrategie der Schweiz bilden, doch nur, wenn die Kosten im Rahmen bleiben und die versprochenen Leistungsfähigkeiten tatsächlich erbracht werden.