Verzweifelte Familien suchen weiterhin nach Rohingya-Christen, die von der indischen Marine ins Meer geworfen wurden
Fast zwei Monate nach dem Vorfall, bei dem 15 Rohingya-Christen von der indischen Marine ins Meer geworfen wurden, bleibt das Schicksal dieser Flüchtlinge ungewiss. Angehörige und Freunde der Betroffenen sind verzweifelt und klagen über eine anhaltende Ungewissheit über das Wohl ihrer Lieben. Sadeq Shalom, ein Angehöriger, der in Delhi lebt, gab in einem Interview mit Morning Star News an: „Wenn uns nur jemand sagen könnte, ob sie lebendig oder tot sind – diese Angst bringt uns um.“
Die Situation hat internationale Aufmerksamkeit erregt und die Vereinten Nationen haben eine Untersuchung über die Vorfälle in Gang gesetzt, die von vielen als „unmenschliche Handlungen“ bezeichnet werden. So erklärte Tom Andrews, der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, die Vorgänge seien „eine empörende und inakzeptable Handlung“.

Der Abschiebeprozess
Am 6. Mai 2025 wurden in Neu-Delhi 38 Rohingya-Flüchtlinge, darunter 15 Christen, von indischen Behörden unter dem Vorwand festgenommen, biometrische Daten zu sammeln. Die Polizei hatte diese Menschen aus den Stadtteilen Uttam Nagar und Vikaspuri abgeführt und gleichzeitig 23 muslimische Rohingya aus anderen Teilen Delhis festgenommen.
Nach ihrer Festnahme wurden die Rohingya mit Militärflugzeugen zur Insel Sri Vijaya Puram in den Andamanen und Nikobaren gebracht. Dort beschlagnahmten die Behörden ihre UN-Flüchtlingsdokumente, Geld und persönliche Gegenstände und setzten sie auf Schiffe der indischen Marine.
Laut den Aussagen von John Anwar, einem der betroffenen Flüchtlinge, wurden ihre Hände gefesselt und die Augen mit Augenbinden verhängt. Dies dauerte etwa vier Stunden und führte zu blutenden Handgelenken. Anwar wurde zudem angegriffen, nachdem die Marineangehörigen ein Kreuz und seinen Namen auf seinem T-Shirt bemerkten.
Am 8. Mai warfen die indischen Marinesoldaten die Flüchtlinge dann ins Meer, nahe der maritimen Grenze zu Myanmar. Sie versorgten die Flüchtlinge zwar mit Schwimmwesten, zwangen sie jedoch, zum Ufer zu schwimmen.

Internationale Verurteilung und UN-Untersuchung
Die internationale Gemeinschaft reagierte schnell auf die Berichte der Abschiebung. Der UN-Sonderberichterstatter Tom Andrews kündigte eine umfassende Untersuchung der Vorfälle an. Er erklärte, dass es „inakzeptabel sei, dass Rohingya-Flüchtlinge von Marineschiffen ins Meer geworfen werden“ und forderte die indische Regierung auf, sich „von unmenschlicher und lebensbedrohlicher Behandlung der Rohingya-Flüchtlinge abzuwenden“.
Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte hat ebenfalls einen Experten eingesetzt, um die Vorfälle zu untersuchen. In einer offiziellen Erklärung wurde die indische Regierung aufgefordert, „alle Deportationen von Rohingya-Flüchtlingen sofort zu stoppen“ und „nicht in Lebensgefahr bringende Rückführungen nach Myanmar vorzunehmen“.
Amnesty International India schloss sich diesen Forderungen an und forderte die indische Regierung auf, ihre rechtlichen Verpflichtungen gemäß dem internationalen Recht einzuhalten. Der Vorsitzende von Amnesty International India, Aakar Patel, betonte die Notwendigkeit, „alle Deportationen von Rohingya-Flüchtlingen sofort zu stoppen“.

Christliche Gemeinschaft unter Druck
Die Deportationen haben die kleine christliche Rohingya-Gemeinschaft in Delhi, die aus etwa 150 Mitgliedern besteht, schwer getroffen. Diese Gemeinde, die seit 13 Jahren in Delhi lebt und in drei verschiedenen Gruppen Gottesdienste abhält, sieht sich nun nicht nur mit der Angst vor Deportation, sondern auch mit wirtschaftlicher Marginalisierung konfrontiert.
Die meisten der Rohingya-Christen, darunter auch Sadeq Shalom, wanderten 2014 nach Indien aus, nachdem sie in Myanmar brutal verfolgt wurden. In Indien erhielten viele von ihnen Langzeit-Visa (LTV) und registrierten sich beim UNHCR.
Die aktuelle politische Lage hat die fremdenfeindlichen Tendenzen verstärkt. Viele Geschäfte weigern sich, Rohingya-Flüchtlinge zu beschäftigen, was die finanzielle Belastung für die gesamte Gemeinschaft erhöht. Die ständige Angst, dass die Regierung sie festnehmen und nach Myanmar zurückschicken könnte, wirkt sich negativ auf das Gemeinschaftsleben aus.
Kontext der Verfolgung
Die Rohingya-Flüchtlinge in Indien sind nicht nur mit der Bedrohung von Deportationen konfrontiert, sondern auch mit Verfolgung und Angriffen durch hinduistische nationalistische Gruppen. Die Organisation Open Doors hat Indien auf Platz 11 ihrer Weltverfolgungsindex 2025 der Länder eingestuft, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Diese Klassifizierung verdeutlicht die erschreckenden Bedingungen, unter denen religiöse Minderheiten in Indien leben müssen.
Die Berichte über Übergriffe auf Rohingya-Christen und ihre Unterstützung durch die Gemeinschaft nehmen zu. Diese Umstände zwingen viele zur Flucht oder zu einem Leben im Verborgenen. Die anhaltende Verzweiflung und Unsicherheit innerhalb der Gemeinschaft schüren Spannungen und verstärken die Abgeschiedenheit der Rohingya-Flüchtlinge in Indien.
Gemeinschaftsreaktion
Trotz der widrigen Umstände gibt es in der Rohingya-Gemeinschaft einen unermüdlichen Willen zur Solidarität und Unterstützung. Drei junge Männer, darunter Shalom, haben das Predigen und die Seelsorge in ihrer Gemeinde übernommen. Ihre Entschlossenheit, trotz der Herausforderungen zu bestehen, spiegelt die Resilienz wider, die viele Mitglieder der Gemeinschaft zeigen.
Die kleinen Versammlungen bieten einen Raum für geistliche Unterstützung und Hoffnung. Über die traditionellen Gottesdienste hinaus versuchen die Mitglieder der Gemeinde, einander bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen zu helfen. Diese sozialen Strukturen sind entscheidend, um den Glauben und die Identität der Rohingya-Christen in Indien aufrechtzuerhalten.
Die unsichere Lage der Rohingya-Christen in Indien zeigt die Notwendigkeit internationaler Aufmerksamkeit und Unterstützung. Die anhaltenden Berichte über Menschenrechtsverletzungen verlangen nach einer gerechteren und humaneren Behandlung dieser verletzlichen Menschen. Die internationale Gemeinschaft muss sich stärker engagieren, um sicherzustellen, dass die Stimmen der Rohingya-Flüchtlinge gehört werden und dass sie den Schutz erhalten, den sie dringend benötigen.
Zukünftige Entwicklungen
Die fortgesetzte Untersuchung der Vorfälle durch die UN könnte möglicherweise weitere Maßnahmen gegen die indische Regierung nach sich ziehen. Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen genau, und es bleibt abzuwarten, wie die indischen Behörden auf die anhaltenden Vorwürfe reagieren werden.
Angesichts der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen bleibt die Zukunft der Rohingya-Christen in Indien ungewiss. Ihre Suche nach Sicherheit und einem besseren Leben wird weiterhin von zahlreichen Hindernissen, sowohl politischer als auch sozialer Natur, beeinträchtigt.
Die Geschichten der Rohingya-Flüchtlinge sind nicht nur eine Erzählung von Verfolgung, sondern auch von Hoffnung und Entschlossenheit. Es bleibt zu hoffen, dass die internationale Gemeinschaft die notwendigen Schritte unternimmt, um den Rohingya und anderen verfolgten Gemeinschaften die Sicherheit und Unterstützung zu bieten, die sie benötigen.