Die National Institutes of Health (NIH) steht im Zentrum eines beispiellosen Angriffs auf die wissenschaftliche Forschung in den USA. Seit der Wiederwahl von Donald Trump im Januar 2025 wurden mehr als 1.450 Forschungsstipendien mit einem Gesamtwert von über 750 Millionen Dollar annulliert. Dies geschieht im Namen einer vermeintlichen Effizienzsteigerung, obwohl die betroffenen Projekte wichtige Forschungsfragen behandeln, die für die öffentliche Gesundheit von grundlegender Bedeutung sind. Die Streichungen haben weitreichende Folgen für die medizinische Forschung und werfen ernsthafte Fragen zur politischen Einflussnahme auf die Wissenschaft auf.
In einem Land, in dem die NIH mehr als 80 % der weltweiten Investitionen in biomedizinische Forschung finanziert, ist diese Entwicklung alarmierend. Wissenschaftler, die jahrelang an Stipendien gearbeitet haben, sehen sich nun einem unerwarteten und oft willkürlichen Verlust ihrer Finanzierung gegenüber. Experten befürchten, dass die massiven Kürzungen nicht nur die Forschung in den betroffenen Bereichen gefährden, sondern auch die gesamte wissenschaftliche Integrität der Nation untergraben.

Hintergründe und Kontext
Die NIH gibt jährlich mehr als 30 Milliarden Dollar für biomedizinische Forschung aus. Diese Summe ist nicht nur ein finanzieller Indikator, sondern auch ein Maßstab für den wissenschaftlichen Fortschritt in den USA. Die Agentur hat eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung von Durchbrüchen in der Krebsforschung, der Diabetesbehandlung und der Schlaganfallvorsorge gespielt. Sie hat unzählige Leben gerettet und viele weitere verbessert.
Traditionell war es äußerst selten, dass die NIH nach der Genehmigung von Stipendien Gelder zurückzog. Seit 2012 wurden nur weniger als fünf von mehr als 10.000 überwachten Stipendien wegen Verstößen gegen die Bedingungen der Agentur abgebrochen. Diese Stabilität wurde jedoch durch die politischen Umwälzungen der letzten Monate in Frage gestellt. Ein Beispiel für solche Veränderungen findet sich in der Entscheidung, viele laufende Projekte zu beenden, die als „duplizierend“ oder „nicht im Einklang mit der Kernmission“ der NIH angesehen wurden.
Andrew G. Nixon, Direktor für Kommunikation im Department of Health and Human Services, äußerte sich zu den Streichungen: „Die Entscheidung zur Kündigung bestimmter Stipendien ist Teil eines bewussten Efforts, sicherzustellen, dass Steuergelder priorisiert werden für hochwirksame, dringliche Wissenschaft.“ Diese Erklärung wird jedoch von Wissenschaftlern in Frage gestellt, die die Grundlagen ihrer Projekte als wesentlich für die Gesellschaft betrachten.

Investigative Enthüllungen
Die Streichungen unter der Trump-Administration betreffen Projekte, die potenzielle Antworten auf zukünftige Pandemien liefern sollten, die Ursachen von Demenz untersuchen oder die Übertragung von HIV verhindern wollten. Die Politiken, die zu diesen Kürzungen führten, wurden von einer Abteilung, die für die Effizienz der Regierung zuständig ist, vorgegeben, wodurch der gewohnte Überprüfungsprozess der NIH umgangen wurde. Laut Berichten von ProPublica hat diese Vorgehensweise dazu geführt, dass Hunderte von Wissenschaftlern ihre Mittel verloren haben.
Ein Blick auf die betroffenen Projekte zeigt, dass viele von ihnen auf der Suche nach Lösungen für drängende Gesundheitsprobleme sind, die früher als unverzichtbar für den Fortschritt der medizinischen Forschung angesehen wurden. Diese Streichungen gefährden nicht nur die Projekte selbst, sondern auch die Forschungsinfrastruktur, die über Jahre aufgebaut wurde.
Mehr als 150 Wissenschaftler haben auf eine Umfrage reagiert, die ProPublica durchgeführt hat, und ihre Erfahrungen geteilt. Die Berichte sind alarmierend: Wissenschaftler berichten von riesigen Mengen an Forschung, die möglicherweise nie veröffentlicht werden, und von Blutproben, die aufgrund der abgebrochenen Studien verderben. Diese Verschwendung steht im krassen Gegensatz zu den Zielen der Regierung, die Ausgaben zu reduzieren.
Einige Forschungsprojekte, die sich mit der Reduzierung von Ungleichheiten im Gesundheitswesen beschäftigen – Themen, die früher als kritisch für den medizinischen Fortschritt galten und sogar durch den Kongress gefördert wurden – sehen sich nun dem Risiko ausgesetzt, gestrichen zu werden, wenn die Verwaltung auch nur den geringsten Zusammenhang mit „Diversität“, „Gleichheit“ oder „Gender-Ideologie“ feststellt.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Auswirkungen der Streichungen sind bereits spürbar. Projekte zur Verhinderung von Totgeburten, Selbstmorden bei Kindern und Hirnschäden bei Säuglingen waren unter den betroffenen Stipendien. Diese Entwicklungen haben nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit in die NIH erschüttert, sondern auch die moralische Verpflichtung der Wissenschaftler in Frage gestellt, die auf diese Fördermittel angewiesen sind, um ihre Forschung fortzusetzen.
Die Reaktionen auf diese massiven Kürzungen sind zahlreich und laut. Hunderte von aktuellen und ehemaligen NIH-Mitarbeitern haben eine Erklärung veröffentlicht, die von Tausenden von Wissenschaftlern weltweit unterzeichnet wurde, darunter mehr als 20 Nobelpreisträger. Sie fordern den Direktor der NIH auf, die gekündigten Stipendien wiederherzustellen und die politisierte Wissenschaft im Institut zu beenden.
Einige Forscher haben rechtliche Schritte eingeleitet, um gegen die Streichungen vorzugehen. Diese Klagen könnten wichtige Präzedenzfälle schaffen und möglicherweise dazu führen, dass die NIH gezwungen wird, die Entscheidungen zu überdenken. Währenddessen haben sich Wissenschaftler zusammengeschlossen, um Daten über die abgesagten Stipendien zu sammeln und die Auswirkungen auf ihre jeweiligen Forschungsbereiche zu dokumentieren.
Zukünftige Entwicklungen
Der Weg in die Zukunft bleibt ungewiss. Die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen, die die NIH betreffen, könnten sich weiterhin verschlechtern. Die Möglichkeit weiterer Kürzungen ist allgegenwärtig, und das Risiko, dass wertvolle Forschungsprojekte auf der Strecke bleiben, ist real. Experten warnen, dass die langfristigen Folgen dieser Streichungen irreparabel sein könnten.
Das Schicksal der medizinischen Forschung in den USA hängt nicht nur von den Entscheidungen der NIH ab, sondern auch von der gesellschaftlichen und politischen Reaktion auf diese Entwicklungen. Die Frage bleibt, ob die Bürger, Wissenschaftler und politischen Entscheidungsträger bereit sind, sich für die Verteidigung der wissenschaftlichen Integrität und der öffentlichen Gesundheitsforschung einzusetzen.
Die Situation ist ein Weckruf für alle, die an der Bedeutung von Wissenschaft und Forschung glauben. Nur durch kollektives Handeln kann sichergestellt werden, dass die Wissenschaft nicht zum Spielball politischer Interessen wird. In einer Zeit, in der das Vertrauen in die Wissenschaft mehr denn je auf die Probe gestellt wird, ist es entscheidend, dass die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger zusammenarbeiten, um die Integrität der Forschung zu schützen.