Im September 2019 erschütterte ein spektakulärer Raubüberfall die Kunstwelt und die britische Öffentlichkeit: Zwei Männer stahlen eine funktionale Toilette aus 18-karätigem Gold, die Teil einer Kunstinstallation des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan war. Der Wert der Toilette, die den Namen "America" trug, wurde auf unglaubliche 4,8 Millionen Pfund geschätzt. Nach einem aufsehenerregenden Prozess wurden die Täter, James "Jimmy" Sheen und Michael Jones, kürzlich für ihre Rolle in diesem dreisten Verbrechen verurteilt. Ihre Taten werfen nicht nur Fragen über Sicherheitsstandards in Museen auf, sondern beleuchten auch die dunklen Abgründe der organisierten Kriminalität in Großbritannien.
Sheen, ein 40-jähriger Berufskrimineller, bekannte sich im Jahr 2024 schuldig zu mehreren Anklagepunkten, darunter Einbruch und die Übertragung von gestohlenem Eigentum. Jones, 39 Jahre alt, wurde im März 2024 wegen Einbruchs schuldig gesprochen. Bei der Urteilsverkündung im Oxford Crown Court beschrieb der Richter Ian Pringle KC den Überfall als "kühn und dreist", der nicht mehr als fünf Minuten in Anspruch nahm. Dieses audacious act ereignete sich nur wenige Stunden nach einer glamourösen Eröffnungsfeier im Blenheim Palace, einem der prächtigsten Landsitze Großbritanniens.

Hintergründe und Kontext
Blenheim Palace, ein UNESCO-Weltkulturerbe, war nicht nur Schauplatz des Diebstahls, sondern auch der Ort, an dem die Toilette als Teil der Ausstellung "America" präsentiert wurde. Diese beeindruckende Installation von Cattelan kritisiert den Materialismus und das Konsumverhalten, indem sie ein luxuriöses, alltägliches Objekt wie eine Toilette in Gold verwandelt. Der Diebstahl stellt somit nicht nur einen materiellen Verlust dar, sondern auch eine Verhöhnung der Kunst selbst.
Die Toilette war funktional und wurde während der Ausstellung tatsächlich benutzt, was den Diebstahl noch skandalöser erscheinen lässt. Innerhalb von nur wenigen Minuten schafften es die Diebe, das Kunstwerk aus den Sanitäranlagen zu entfernen und unbemerkt zu entkommen. Laut Berichten der BBC wurde die Toilette direkt nach einer exklusiven Party gestohlen, was die Veranstaltung in einen tiefen Schatten stellte.
Die Ermittlungen der Polizei begannen sofort nach dem Diebstahl. Die ersten Hinweise deuten darauf hin, dass es sich um einen gut geplanten und koordinierten Überfall handelte, der möglicherweise aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität heraus initiiert wurde. James Sheen, der während der Ermittlungen als Hauptverdächtiger identifiziert wurde, hat eine lange Vorstrafenliste, die mehr als sechs Haftstrafen seit 2005 umfasst. Diese kriminelle Historie lässt vermuten, dass Sheen nicht nur ein zufälliger Täter war, sondern eine zentrale Figur in einem Netzwerk, das für verschiedene Verbrechen verantwortlich ist.

Investigative Enthüllungen
Die Beweise gegen Sheen waren erdrückend. Bei der Durchsuchung seiner Kleidung fanden die Ermittler Goldfragmente, die eindeutig von der gestohlenen Toilette stammten. Darüber hinaus entdeckte die Polizei auch sein Mobiltelefon, das eine Fülle von belastenden Nachrichten enthielt. Die Senior Crown Prosecutor Shan Saunders kommentierte, dass es "ungewöhnlich ist, ein Telefon zu finden, das beim Herunterladen so viele Informationen enthält", was auf die Vernetzung und die Komplexität der Verbrechen hinweist.
Einige der Nachrichten, die während des Prozesses präsentiert wurden, waren besonders aufschlussreich. In einer Sprachaufnahme bestätigte Sheen seine Besitztümer: "Ich denke, du weißt, was ich habe... Ich war nur ein bisschen leise damit." In diesem Kontext wurde das Wort "Auto" als Code für Gold verwendet, was auf die gewiefte Art und Weise hinweist, wie Sheen und seine Komplizen kommunizierten. Die Verwendung von untergeschobenen Ausdrücken und Slang deutet darauf hin, dass die Täter versuchten, ihre kriminellen Aktivitäten vor den Behörden geheim zu halten.
Zwei Wochen nach dem Diebstahl hatte Sheen etwa 20 Kilogramm Gold an einen unbekannten Käufer in Birmingham verkauft – ein Betrag, der ungefähr einem Fünftel des Gesamtgewichts der Toilette entsprach. Diese Transaktion brachte ihm 520.000 Pfund ein und stellte eine der ersten finanziellen Bewegungen dar, die die Polizei zurückverfolgen konnte.

Die Rolle von Michael Jones
Michael Jones, der als Bauarbeiter tätig war und für Sheen arbeitete, spielte eine maßgebliche Rolle bei der Vorbereitung des Überfalls. In der Woche vor dem Diebstahl besuchte er Blenheim Palace zweimal, um sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen. Am Tag vor dem Überfall buchte Jones einen Termin auf der Website des Palastes, um die goldene Toilette zu benutzen. Dies war ein wichtiger Schritt in der Planung, da er damit die Möglichkeit hatte, Fotos zu machen und sich über den schnellsten Fluchtweg zu informieren.
Während des Prozesses gab es Momente, die die Absurdität der Situation unterstrichen. Jones bestätigte, dass er die Toilette tatsächlich benutzt hatte, und beschrieb die Erfahrung als "prächtig". Judge Pringle konfrontierte ihn direkt mit seiner Rolle bei der Durchführung der Erkundungen: "Ihre Aufgabe war es, das Museum zu erkunden, um genau zu wissen, wo sich die goldene Toilette befand und um den schnellsten Ausweg aus dem Palast zu ermitteln." Diese Worte verdeutlichen, wie durchdacht und skrupellos die beiden Männer vorgingen.
Auswirkungen und Reaktionen
Die Auswirkungen des Diebstahls sind weitreichend. Der Vorfall hat nicht nur Fragen zur Sicherheit und Überwachung in Museen aufgeworfen, sondern auch die Diskussion über den Wert von Kunst und ihre Verwundbarkeit in einer Welt, in der materielle Güter oft mehr geschätzt werden als die Kunst selbst. Experten fordern eine Neubewertung der Sicherheitsmaßnahmen in Ausstellungen, insbesondere bei der Präsentation wertvoller Kunstwerke.
Nach der Urteilsverkündung äußerte sich Det Supt Bruce Riddell von der Thames Valley Police zu den Tätern und ihrer Motivation: "Sheen war die treibende Kraft hinter dem Einbruch, mit dem Motiv, Geld um jeden Preis zu verdienen." Der Diebstahl hat zudem das öffentliche Interesse an der Kunstinstallation und dem Künstler Maurizio Cattelan erneut entfacht, dessen Werke oft provokant und umstritten sind.
Zukünftige Entwicklungen
Der Fall ist jedoch nicht zu Ende; es gibt Anzeichen dafür, dass die Polizei weiterhin Ermittlungen anstellt, um das gesamte Netzwerk hinter diesem Raubüberfall aufzudecken. Die Verbindungen von Sheen und Jones zu anderen kriminellen Organisationen könnten auf eine größere Bedrohung hinweisen, die über diesen spezifischen Vorfall hinausgeht. Die Behörden könnten auch weitere Anklagen gegen Personen in Betracht ziehen, die an der Weiterveräußertung des gestohlenen Goldes beteiligt waren.
Darüber hinaus könnte der Diebstahl eine neue Ära von Sicherheitsmaßnahmen in Museen und Galerien einläuten. Es bleibt abzuwarten, ob die Institutionen bereit sind, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um ähnliche Vorfälle in der Zukunft zu verhindern. Die Debatte über den Wert von Kunst und die Verantwortung der Museen, ihre Exponate zu schützen, wird sicherlich an Intensität gewinnen.
Insgesamt zeigt dieser Fall, wie tief verwurzelt die Probleme der organisierten Kriminalität in der Gesellschaft sind und wie Kunst, die oft als Symbol für Kultur und Fortschritt gesehen wird, in den Fadenkreuz von Verbrechern geraten kann. Die Verurteilung von James Sheen und Michael Jones mag ein vorläufiger Sieg für das Rechtssystem sein, aber die zugrunde liegenden Probleme bleiben bestehen und erfordern eine umfassende und nachhaltige Lösung.