Am 1. Juli 2025 unterzeichneten die Schweiz und die Elfenbeinküste ein wegweisendes Abkommen über Kulturgüter, welches die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umgang mit kulturellen Erbes der westafrikanischen Nation regelt. Die Schweizer Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider und die ivorische Kulturministerin Françoise Remarck präsentierten die Vereinbarung während der Eröffnung eines neuen archäologischen Museums in Singrobo-Ahouaty, an dem auch die Schweiz maßgeblich beteiligt war.
Dieses Abkommen ist das erste seiner Art, das mit einem Land aus der Region abgeschlossen wurde, und stellt einen bedeutenden Schritt in der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern dar. Es soll die legalen Importe und Exporte von Kulturgütern klären und schafft einen rechtlichen Rahmen für die Rückführung von illegal importierten Objekten. Baume-Schneider betonte, dass die Zusammenarbeit auch darauf abzielt, das gefährdete kulturelle Erbe besser zu bewahren und für die Bevölkerung zugänglich zu machen.
„Die Diebstähle, Plünderungen und der illegale Handel mit Kulturgütern sind schwerwiegende Verbrechen, die die Identität der betroffenen Völker angreifen und das kulturelle Erbe der Menschheit gefährden“, erklärte Baume-Schneider während einer Pressekonferenz. Diese Worte verdeutlichen die Dringlichkeit und die Bedeutung des Themas in einer Zeit, in der viele Kulturen weltweit um den Erhalt ihres Erbes kämpfen.

Hintergründe und Kontext
Das Abkommen zwischen der Schweiz und der Elfenbeinküste ist Teil einer breiteren Initiative, die in der Kulturpolitik der Schweiz verankert ist. Diese Politik fördert die Entwicklung bilateraler Partnerschaften, insbesondere mit afrikanischen Nationen, um die illegalen Handelspraktiken im Kulturgütersektor zu bekämpfen. Das Bedürfnis nach solchen Vereinbarungen ist drängend, da die illegale Ausfuhr kultureller Werte aus Afrika ein weit verbreitetes Problem ist, das sowohl die kulturelle Identität als auch die wirtschaftliche Stabilität der betroffenen Länder bedroht.
Die Elfenbeinküste ist besonders betroffen von dem illegalen Handel mit Kunst und Antiquitäten. Ein Bericht der UNESCO zeigt, dass zwischen 2010 und 2020 Schätzungen zufolge mindestens 5000 Artefakte illegal aus dem Land geschmuggelt wurden. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur das Ausmaß des Problems, sondern auch die Notwendigkeit einer internationalen Unterstützung für den Schutz des kulturellen Erbes.
Schweizweit gibt es Bestrebungen, ein stärkeres Bewusstsein für den Wert von Kulturgütern zu schaffen. Das Schweizer Außenministerium hat in den letzten Jahren gezielte Maßnahmen ergriffen, um die Rückführung von Kulturgütern zu fördern, die illegal in die Schweiz gelangt sind. Dies geschieht im Einklang mit internationalen Konventionen und Abkommen, die ein gemeinsames Handeln im Bereich des Kulturgüterschutzes anstreben.

Investigative Enthüllungen
Die Unterzeichnung des Abkommens wirft jedoch auch kritische Fragen auf. Während die Schweiz für ihre Bemühungen um den Schutz kultureller Werte gelobt wird, gibt es Stimmen, die die Wirksamkeit solcher Abkommen in Frage stellen. Kritiker weisen darauf hin, dass viele Länder, die ähnliche Vereinbarungen unterzeichnet haben, oft nur unzureichende Fortschritte bei der Umsetzung verzeichnen.
Ein Beispiel hierfür ist das Übereinkommen über die Rechte der indigenen Völker, das von vielen Ländern ratifiziert, aber nicht konsequent umgesetzt wurde. Kritiker warnen, dass ohne eine strenge Überwachung und einen klaren Umsetzungsmechanismus ähnliche Probleme auch bei dem neuen Abkommen auftreten könnten.
Ein weiteres Problem ist die Frage der Rechenschaftspflicht. Wer wird für die Rückführung von illegalen Kulturgütern verantwortlich gemacht? Laut ICOM (International Council of Museums) ist es unabdingbar, transparente Prozesse zu schaffen, die sicherstellen, dass sowohl die Schweiz als auch die Elfenbeinküste ihre Verpflichtungen ernst nehmen und die Ergebnisse ihrer Maßnahmen offenlegen.
Die Verhandlungen und die Vereinbarung selbst sind Teil einer größeren Dynamik, die sich um die Rückführung von Kulturgütern entwickelt hat. Laut einem Bericht von BBC sind in den letzten Jahren mehrere europäische Länder, darunter Frankreich und Deutschland, aktiv geworden, um ihren kolonialen Einfluss zu hinterfragen und den Rückfluss von Kulturgütern zu fördern.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf das Abkommen sind gemischt. Während einige Experten die Initiative als Schritt in die richtige Richtung betrachten, warnen andere vor den Herausforderungen, die mit seiner Umsetzung verbunden sind. Dr. Aissatou Sow, Expertin für Kulturerbe und internationale Beziehungen, betont, dass „die wahre Herausforderung nicht nur in der Unterschrift des Abkommens liegt, sondern in der praktischen Umsetzung und der Schaffung von Vertrauen zwischen den beiden Ländern.“
Die Bevölkerung der Elfenbeinküste hat auch ein starkes Interesse an diesen Entwicklungen. Viele Menschen sehen in der Rückführung von Kulturgütern eine Möglichkeit, ihre nationale Identität zu stärken und das kulturelle Erbe zu bewahren. Laut einer Umfrage der Universität Abidjan glauben 78 % der Befragten, dass die Rückkehr von Kulturgütern zu einer stärkeren kulturellen Identität und zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen kann.
Die Schweizer Regierung sieht das Abkommen auch als Möglichkeit, ihre Rolle in der internationalen Gemeinschaft zu stärken und sich als verantwortungsvoller Akteur im Bereich des Kulturgüterschutzes zu positionieren. Gleichzeitig könnte es auch als Vorbild für zukünftige Abkommen mit anderen afrikanischen Ländern dienen, die ähnliche Probleme im Umgang mit ihrem kulturellen Erbe haben.
Zukünftige Entwicklungen
In den kommenden Monaten und Jahren wird die Umsetzung des Abkommens im Fokus stehen. Die Schweizer Innenministerin Baume-Schneider wird am Dienstag den ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara und Gesundheitsminister Pierre N’Gou Dimba treffen, um die bilateralen Beziehungen und regionale Herausforderungen zu erörtern. Diese Gespräche könnten entscheidend dafür sein, wie das Abkommen in der Praxis umgesetzt wird und welche weiteren Schritte zur Stärkung der Zusammenarbeit unternommen werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die geplante Entwicklung ähnlicher Abkommen mit anderen Ländern in der Region. Das Interesse an einer verbesserten Zusammenarbeit im Bereich des Kulturgüterschutzes wächst, und die Schweiz könnte hier eine Schlüsselrolle spielen. Die Schweizer Kulturpolitik legt nahe, dass weitere bilaterale Gespräche mit anderen afrikanischen Staaten in naher Zukunft stattfinden könnten.
Insgesamt stellt die Vereinbarung zwischen der Schweiz und der Elfenbeinküste einen wichtigen Schritt dar, um das kulturelle Erbe zu schützen und die integrativen Werte zu fördern. Doch die Herausforderungen bei der Umsetzung sind zahlreich, und es bleibt abzuwarten, wie die beteiligten Akteure diese Hürden überwinden werden.