In einem beunruhigenden Vorfall, der sowohl die Privatsphäre als auch die Rechte von Frauen betrifft, hat das Büro des Illinois Secretary of State eine Untersuchung gegen eine Polizeibehörde im Vorort Chicago eingeleitet. Diese steht im Verdacht, gegen ein neues Gesetz verstoßen zu haben, das die Weitergabe von Kennzeichendaten an Behörden regelt, welche nach Frauen suchen, die Abtreibungen in Anspruch genommen haben. Der Fall wirft ernsthafte Fragen zur Nutzung von Technologien zur Überwachung und deren potenziellen Missbrauch auf.
Der Secretary of State, Alexi Giannoulias, wandte sich am Donnerstag in einer offiziellen Mitteilung an die Staatsanwaltschaft, um die Angelegenheit prüfen zu lassen. Die Ermittlungen wurden angestoßen, nachdem bekannt wurde, dass die Polizeibehörde von Mount Prospect, nur 39 Kilometer nordwestlich von Chicago gelegen, Kennzeichendaten an den Sheriff von Johnson County, Texas, weitergegeben hatte. Dieser suchte nach einer Frau, die nach einem selbstverabreichten Schwangerschaftsabbruch besorgt vermisst wurde.
Das Vorfall ist symptomatisch für die wachsenden Sorgen, die zur Verabschiedung des Gesetzes von 2023 in Illinois führten, das die Nutzung von Kennzeichendaten für die Verfolgung von Frauen, die Abtreibungen in Anspruch nehmen, oder zur Identifizierung undocumented immigrants verbietet. Giannoulias betonte die Notwendigkeit, dass die Verwendung von Kennzeichentechnologie reguliert werden muss, um sicherzustellen, dass sie nicht zur Überwachung von unschuldigen Bürgern oder zur Kriminalisierung legalen Verhaltens missbraucht wird.

Hintergründe und Kontext
Seit der Aufhebung des Urteils Roe v. Wade im Jahr 2022 haben viele Bundesstaaten ihre Gesetze verschärft, was zu einer besorgniserregenden Situation für Frauen führte, die Zugang zu Abtreibungen suchen. Illinois, das als sicherer Hafen für diese Dienstleistungen gilt, hat sich bemüht, Frauen und Anbieter zu schützen, indem es entsprechende Gesetze erließ. Diese Maßnahmen sind Teil eines breiteren Trends, der in 22 Bundesstaaten und dem District of Columbia zu beobachten ist, wo Schutzgesetze eingeführt wurden, um Patienten und Anbieter von Abtreibungen vor rechtlichen Konsequenzen zu bewahren.
Die fraglichen Kennzeichendaten stammen von Flock Safety, einem Unternehmen, das mit modernen Technologien zur automatischen Kennzeichenerkennung (ANPR) arbeitet. Diese Technik ermöglicht es Polizeibehörden, Tausende von Autokennzeichen pro Minute zu scannen und zu speichern. Die Nutzung dieser Daten bringt erhebliche Risiken mit sich, insbesondere wenn sie für nicht autorisierte Zwecke verwendet werden.
Albert Fox Cahn, ein Experte für Datenschutz und Geschäftsführer der Surveillance Technology Oversight Project, warnt, dass solange Staaten Daten austauschen, Missbrauch unvermeidlich ist. Er merkt an, dass die Polizei in der Regel nur auf ihr Wort angewiesen ist, wenn es darum geht, die Gründe für die Anforderung solcher Daten zu rechtfertigen. "Wir bitten die Polizei praktisch darum, uns zu versichern, dass sie diese Daten nicht missbrauchen werden, und sind dann schockiert, wenn sie es doch tun", kritisiert Cahn.

Investigative Enthüllungen
Der Fall wurde ursprünglich von der 404 Media aufgedeckt, die berichtete, dass der Sheriff von Johnson County eine landesweite Anfrage für Daten von über 83.000 Kameras stellte, die von Flock Safety betrieben werden. Laut Giannoulias hat die Polizei in Mount Prospect in einem Zeitraum von nur vier Monaten mehr als 262 Anfragen zu immigrationstechnischen Angelegenheiten gestellt, was ebenfalls gegen das Gesetz verstößt.
Die Ablehnung dieser Datenanfragen durch Flock Safety ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Unternehmen hat angekündigt, den Zugriff für 62 Behörden außerhalb des Staates zu blockieren, die Daten im Zusammenhang mit Abtreibungen oder Einwanderung angefordert haben. Darüber hinaus wird ein Programm eingerichtet, das Anfragen mit den Begriffen "Abtreibung" und "Einwanderung" kennzeichnet, um diese Anfragen abzulehnen. Dies könnte einen wichtigen Präzedenzfall für andere Unternehmen schaffen, die ähnliche Technologien anbieten.
Giannoulias stellte klar, dass die Polizei in Mount Prospect nicht nur gegen das Abtreibungsgesetz verstoßen hat, sondern auch die Daten über undocumented immigrants missbraucht hat. Die Rechtslage ist komplex, und es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen diese Verletzungen nach sich ziehen werden. Einer der möglichen Folgen könnte der Verlust staatlicher Mittel für die betroffene Polizeibehörde sein, wie von Giannoulias' Stellvertreter, Scott Burnham, angedeutet.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Vorfälle in Illinois sind nicht isoliert, sondern Teil eines größeren Trends in den USA, wo die Rechte von Frauen zunehmend unter Druck geraten. Die Regelungen, die den Zugriff und die Nutzung von Abtreibungsdiensten einschränken, zeigen, wie Technologie als Werkzeug zur Verfolgung von Frauen eingesetzt werden kann. Diese Entwicklung hat bereits zu einer Reihe von Reaktionen aus der Zivilgesellschaft, politischen Kreisen und von Menschenrechtsorganisationen geführt.
Die Vorfälle haben die Befürchtungen unter den Befürwortern des reproduktiven Rechts verstärkt, dass die Überwachung und der Missbrauch von Daten in anderen Bundesstaaten ebenfalls zunehmen könnten. "Die Technologie, die zur Verfolgung von Verbrechern gedacht ist, könnte leicht gegen Frauen eingesetzt werden, die einfach nur ein Recht auf ihre eigene Gesundheit in Anspruch nehmen", sagte eine Sprecherin der Planned Parenthood.
Die Sorgen gehen über den Einzelfall hinaus. Es ist eine Debatte über die ethischen Implikationen von Überwachungstechnologie im Allgemeinen entbrannt, wobei viele Experten darauf hinweisen, dass die Gesetze zur Überwachung nicht mit der Geschwindigkeit der Technologien Schritt halten, die für ihre Kontrolle vorgesehen sind. Die Frage, wie weit staatliche Behörden gehen dürfen, um Daten zu sammeln und zu verwenden, ist ein zentrales Element dieser Diskussion.
Zukünftige Entwicklungen
Die Ermittlungen in Illinois könnten weitreichende Auswirkungen auf den Umgang mit Überwachungstechnologien in ganz Amerika haben. Sollte sich herausstellen, dass die Polizei in Mount Prospect gesetzeswidrig gehandelt hat, könnte das eine Welle von ähnlichen Untersuchungen in anderen Bundesstaaten auslösen. Dies könnte dazu führen, dass strengere Maßnahmen zur Regelung der Verwendung von Kennzeichendaten ergriffen werden.
In der Zwischenzeit kündigte Giannoulias an, dass zukünftig Audits für Polizeibehörden eingeführt werden, um Trends bei der Nutzung von Daten zu identifizieren und sicherzustellen, dass das Gesetz respektiert wird. Die nächsten Schritte werden entscheidend sein, um zu klären, wie eine effektive Regulierung und Kontrolle der Datenverwendung aussehen kann, damit das Recht auf Privatsphäre und die Gesundheit von Frauen gewahrt bleiben.
Der Vorfall in Illinois ist ein weiterer Weckruf für alle, die sich für den Schutz von Frauenrechten und Datenschutz einsetzen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Behörden in der Lage sind, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Technologien nicht zur Überwachung und Verfolgung von Frauen missbraucht werden, die ihre reproduktiven Rechte in Anspruch nehmen.