Dr. Theresa Tam, Kanadas oberste Ärztin und seit acht Jahren im Amt, wird am 20. Juni 2023 ihre Position niederlegen. In einer letzten, weitreichenden Interview äußerte sie sich über die Herausforderungen und Triumphe ihrer Zeit im öffentlichen Gesundheitswesen, insbesondere während der COVID-19-Pandemie. Die 56-jährige Tam, die in den letzten fünf Jahren zur bekanntesten Gesicht der Gesundheitskrise in Kanada wurde, betonte die Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse zu verteidigen und Fehlinformationen entgegenzuwirken.
„Es ist wichtiger denn je, dass Kanada für die Wissenschaft einsteht“, sagte Tam. Ihre Amtszeit war geprägt von einer unermüdlichen Arbeit für die öffentliche Gesundheit und einer tiefen Verantwortung, die das Land inmitten der Pandemie trug. Trotz der anhaltenden Herausforderungen will Tam jedoch nicht, dass ihr Vermächtnis ausschließlich mit COVID-19 in Verbindung gebracht wird.

Hintergründe und Kontext
Dr. Tam trat 1998 in den öffentlichen Gesundheitsdienst Kanadas ein und stieg schnell in der Hierarchie auf. Zuvor arbeitete sie als Pädiaterin für Infektionskrankheiten, was ihr eine wertvolle Perspektive auf die Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit gab. Im Jahr 2017 übernahm sie schließlich die Rolle der Chief Public Health Officer, in der sie während einer der größten Gesundheitskrisen der modernen Geschichte eine entscheidende Rolle spielte.
Die COVID-19-Pandemie, die mehr als 60.000 Leben in Kanada forderte, stellte Tam vor beispiellose Herausforderungen. In dieser Zeit musste sie nicht nur die öffentliche Gesundheit leiten, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung aufrechterhalten. Ihre Entscheidungen, insbesondere bezüglich der Impfkampagne, wurden oft kritisch hinterfragt und führten zu einer hitzigen Debatte über die Angemessenheit der Maßnahmen. Trotz dieser Schwierigkeiten bekräftigte Tam die Bedeutung der Solidarität der Gemeinschaften während der Pandemie.
„Wenn wir nicht die Gemeinschaften gehabt hätten, die das getan haben, wäre das Ergebnis, verglichen mit anderen G7-Ländern, relativ gesehen viel schlechter gewesen“, sagte Tam. Diese Reflexion über die kollektiven Anstrengungen der Kanadier zeigt nicht nur ihren Dank, sondern auch den Glauben an den gemeinschaftlichen Zusammenhalt in Krisenzeiten.

Investigative Enthüllungen
Tams Führungsstil während der Pandemie wurde sowohl gelobt als auch kritisiert. Es gab Berichte über eine „dringliche Kommunikation“ und eine enge Zusammenarbeit mit Provinzen und Territorien. Dennoch waren einige ihrer Entscheidungen, wie die Kritik an den langsamen Impfstoffauslieferungen, nicht unumstritten.
Die Pandemie brachte jedoch auch eine Welle an Fehlinformationen mit sich. Tam warnte vor der Verbreitung von falschen Informationen, die oft über soziale Medien verbreitet wurden. „Es ist entscheidend, dass wir durch klare Kommunikation und wissenschaftlich fundierte Informationen das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnen“, sagte sie in ihrem letzten Interview. Diese Feststellung wirft die Frage auf, wie effektiv die bestehenden Informationskampagnen waren und ob mehr getan werden könnte, um die Bevölkerung zu erreichen.
Darüber hinaus äußerte Tam auch Bedenken über die psychische Gesundheit sowohl der Öffentlichkeit als auch der Gesundheitsfachkräfte. Die stressigen Bedingungen, unter denen das Gesundheitssystem arbeitete, führten zu einem Anstieg psychischer Erkrankungen, was in der fortlaufenden Debatte um die Unterstützung der Gesundheitsarbeiter dringend behandelt werden muss. „Mentally, it was very stressful for everyone“, so Tam, die die Bedeutung von Unterstützungssystemen in dieser Zeit betonte.
Auswirkungen und Reaktionen
Mit dem bevorstehenden Ende ihrer Amtszeit blickt Tam auf die Auswirkungen ihrer Arbeit in den letzten Jahren zurück. Die Impfkampagne, die eine Schlüsselstrategie im Kampf gegen COVID-19 war, wurde in Kanada als Erfolg gefeiert. Über 80 Prozent der kanadischen Bevölkerung erhielten mindestens eine Dosis des Impfstoffs, was Tam als einen bedeutenden Fortschritt im öffentlichen Gesundheitswesen ansieht.
Das Bewusstsein für gesundheitliche Ungleichheiten hat während ihrer Amtszeit zugenommen. Tam, die sich für die Gesundheitsgerechtigkeit einsetzt, hat ihre Bemühungen auf marginalisierte Gruppen und deren Bedürfnisse konzentriert. In einem Land, in dem soziale Determinanten von Gesundheit eine bedeutende Rolle spielen, wird ihr Ansatz sicherlich auch in Zukunft Einfluss auf die Gesundheitspolitik haben.
Die Rückmeldung der Bevölkerung zu Tams Führungsstil war vielfältig. Während viele sie für ihre Expertise und ihren unermüdlichen Einsatz schätzen, gab es auch Stimmen, die ihre Entscheidungen in Frage stellten. „Es ist wichtig, dass wir aus diesen Erfahrungen lernen und sicherstellen, dass wir besser vorbereitet sind“, äußerte ein Kritiker in einer öffentlichen Diskussion. Diese gespaltene Meinung unterstreicht die Herausforderungen, vor denen zukünftige Führungskräfte im Gesundheitswesen stehen werden.
Zukünftige Entwicklungen
Obwohl Dr. Tam keine neuen beruflichen Pläne bekannt gegeben hat, äußerte sie den Wunsch, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen und sich auf persönliche Interessen zu konzentrieren. „Ich habe einige Hobbys, die ich in den Hintergrund gedrängt habe, wie Langstreckenlauf und Musik“, sagte sie. Dies deutet darauf hin, dass sie sich in der nächsten Phase ihres Lebens nach einem Gleichgewicht zwischen beruflichen und persönlichen Interessen umsehen wird.
Die Gesundheitslandschaft Kanadas wird ohne Tams Führung sicherlich eine interessante Wendung nehmen. Die Herausforderungen der letzten Jahre haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen, und die nächste Person, die ihre Position einnimmt, wird mit den Erwartungen konfrontiert, die die COVID-19-Pandemie auf die Gesundheitsversorgung und die öffentliche Gesundheit in Kanada gelegt hat. Es bleibt abzuwarten, wie diese Veränderungen das Gesundheitssystem gestalten werden.
Abschließend lässt sich sagen, dass Dr. Theresa Tam, während ihrer Amtszeit nicht nur als führende Stimme der öffentlichen Gesundheit Kanadas, sondern auch als Symbol für Resilienz und Engagement in Krisenzeiten bleibt. Ihre kommenden Schritte werden mit Spannung verfolgt werden, während Kanada weiterhin an den Lehren arbeitet, die während ihrer Amtszeit gezogen wurden.