Die Olabisi Onabanjo University im südwestlichen Nigeria ist in die Schlagzeilen geraten, nachdem ein Video viral wurde, das weibliche Studierende zeigt, die vor der Teilnahme an einer Prüfung von Mitarbeiterinnen abgetastet werden, um festzustellen, ob sie einen BH tragen. Diese Praxis hat nicht nur internationale Empörung ausgelöst, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur Geschlechtergerechtigkeit und den Rechten der Studierenden auf.
In dem umstrittenen Video sind weibliche Aufsichtspersonen zu sehen, die die Brüste der Studentinnen berühren, während diese sich in einer Schlange vor den Prüfungsräumen aufstellen. Diese Vorgehensweise wurde von vielen als veraltet, sexistisch und als eine Form von sexueller Belästigung kritisiert. Trotz des Aufschreis hat die Universität bisher keine offizielle Stellungnahme zu den Vorfällen abgegeben. Ein Studentensprecher verteidigte jedoch die Regel als Teil des Dresscodes der Institution, der darauf abzielt, "eine ablenkungsfreie Umgebung" zu schaffen.

Hintergründe und Kontext
Die Olabisi Onabanjo University, die 1982 als Ogun State University gegründet wurde, ist eine der zahlreichen nigerianischen Bildungseinrichtungen, die strenge Vorschriften und Verhaltensregeln für ihre Studierenden implementiert. Die Regel, dass Studierende keine BHs tragen dürfen, um Prüfungen abzulegen, ist Teil eines umfassenderen Dresscodes, der seit Jahren in der Institution gilt. Der Studentenführer Muizz Olatunji erklärte in einem Beitrag auf X, dass diese Politik darauf abzielt, einen respektvollen und ablenkungsfreien Raum zu fördern.
Die Universität hat in der Vergangenheit ähnliche Maßnahmen ergriffen, um das Erscheinungsbild der Studierenden zu kontrollieren. Die Bekleidungsvorschriften sind oft umstritten, da sie nicht nur die Freiheit der Studierenden einschränken, sondern auch tiefere gesellschaftliche Normen und Vorurteile widerspiegeln. Kritiker argumentieren, dass die Universität nicht das Recht hat, in die persönliche Kleidung ihrer Studierenden einzugreifen, insbesondere in einem Land, das sich rasant modernisiert.
Die Rückmeldungen von Studierenden zeigen, dass viele Frauen unter diesem Druck leiden. Eine anonyme Studentin berichtete, dass die Universität trotz ihres säkularen Charakters eine strenge moralische Ordnung aufrechterhalte und ihre Kleidung kontinuierlich kontrolliert wird. Diese Art der Kontrolle könnte nicht nur das Lernumfeld beeinträchtigen, sondern auch das Selbstwertgefühl und die Identität der Studierenden in Frage stellen.

Investigative Enthüllungen
Die Berichterstattung über die Vorgänge an der Olabisi Onabanjo University hat nicht nur in Nigeria, sondern auch international für Aufsehen gesorgt. Die Berichterstattung von News18 beleuchtet die potenziellen rechtlichen Implikationen dieser Praxis. Ein hochrangiger Beamter des Menschenrechtsnetzwerks wies darauf hin, dass Studierende die Universität wegen einer Verletzung ihrer Rechte verklagen könnten. "Ungebührliches Berühren des Körpers einer anderen Person ist eine Verletzung und könnte rechtliche Schritte nach sich ziehen", erklärte Haruna Ayagi.
Die rechtlichen und sozialen Implikationen dieser Regel werfen die Frage auf, welche Institutionen in Nigeria für die Rechte von Studierenden verantwortlich sind. Die Universitäten stehen unter dem Druck, eine akademische Umgebung zu schaffen, die sowohl sicher als auch respektvoll ist. Doch die Art und Weise, wie dies umgesetzt wird, ist entscheidend. Viele Experten argumentieren, dass es alternative Methoden gibt, um die Einhaltung der Bekleidungsregeln zu gewährleisten, die weniger invasiv und respektvoller gegenüber den Studierenden sind.
Die studentischen Vertreter der Universität haben sich in der Vergangenheit für alternative Ansätze eingesetzt. Olatunji betonte, dass die Studentenvertretung mit der Universität zusammengearbeitet habe, um respektvolle und würdevolle Interaktionen zwischen Studierenden und Mitarbeitern zu fördern. Dennoch bleibt unklar, wie diese Gespräche konkret aussehen und ob sie tatsächlich zu einer Änderung der aktuellen Praktiken führen werden.

Auswirkungen und Reaktionen
Die Reaktionen auf die "Kein BH, keine Prüfung"-Regel sind vielfältig, von Empörung bis hin zu Unterstützung. Auf sozialen Medien haben viele Nutzer ihre Stimme gegen diese Regel erhoben und die Universität für ihre Praktiken kritisiert. Die Diskussion hat sich zu einer breiteren Debatte über Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte der Studierenden entwickelt, die in der nigerianischen Gesellschaft oft unterrepräsentiert sind.
Einige Kommentatoren argumentieren, dass solche Maßnahmen nicht nur die Rechte der Frauen verletzen, sondern auch das gesellschaftliche Klima weiter verschärfen, in dem Frauen oft für die Gewalt und Belästigung, die ihnen widerfährt, verantwortlich gemacht werden. Diese Ansichten spiegeln sich in der weit verbreiteten Kritik wider, dass die Universität eine Atmosphäre der Angst und Kontrolle schafft, anstatt eine inklusive und unterstützende Umgebung zu fördern.
Die Tatsache, dass die Universität bisher keine offizielle Erklärung zu den Vorwürfen abgegeben hat, trägt zur Unruhe unter den Studierenden bei. Viele fordern, dass die Universitätsleitung transparent mit den Vorwürfen umgeht und klare Richtlinien zur Bekämpfung von Belästigung und Diskriminierung entwickelt. Ein Mangel an Klarheit kann zu einem Vertrauensverlust in die Institution führen und die Bereitschaft der Studierenden, ihre Anliegen zu äußern, weiter untergraben.
Zukünftige Entwicklungen
Die Kontroversen rund um die "Kein BH, keine Prüfung"-Regel an der Olabisi Onabanjo University könnten weitreichende Folgen für die Universitätslandschaft in Nigeria haben. Experten warnen, dass, wenn solche Praktiken nicht angegangen werden, andere Institutionen möglicherweise ähnliche Regeln einführen könnten, was zu einer verstärkten Diskriminierung und Kontrolle von Studierenden führen würde.
Die Frage bleibt, ob die Universität auf den öffentlichen Druck reagieren wird und Maßnahmen zur Reform ihrer Dresscodes und Verhaltensregeln ergreift. Eine offene Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte der Studierenden könnte eine dringend benötigte Veränderung in der nigerianischen Bildungspolitik anstoßen. Die Universität hat die Chance, sich als Vorreiter für die Rechte von Studierenden und für eine respektvolle akademische Umgebung zu positionieren.
In einer Zeit, in der die Welt zunehmend sensibler für Geschlechterfragen und individuelle Rechte wird, könnte die Olabisi Onabanjo University als Beispiel dienen, wie Bildungseinrichtungen sowohl für die Rechte der Studierenden eintreten als auch eine respektvolle Lernumgebung fördern können. Es bleibt abzuwarten, ob die Universitätsleitung bereit ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen und die notwendigen Schritte zur Veränderung einzuleiten.